Der Fall Wiedeking polarisiert - und das ausgerechnet in einer Zeit, in der Ausgleich wichtig wäre. Dennoch: Wer Wiedeking in einen Topf mit Pleite-Bankern wirft, tut dem scheidenden Porsche-Chef Unrecht.

Der Vorgang ist beispiellos in der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Der scheidende Porsche-Chef Wendelin Wiedeking erhält eine Abfindung in Höhe von 50 Millionen Euro – und will die Hälfte dieser Summe für soziale Zwecke im Sinne der Beschäftigten seines früheren Arbeitgebers einsetzen. Dies will Wiedeking als „Zeichen der besonderen Verbundenheit” mit seinen „langjährigen Mitarbeitern und Weggefährten” verstanden wissen. Die mit 25 Millionen Euro ausgestattete Stiftung am Porsche-Stammsitz Stuttgart-Zuffenhausen soll – in enger Abstimmung mit dem Betriebsrat –„auch zukünftig eine sozial gerechte Entwicklung an allen Porsche-Standorten unterstützen”.

Wiedeking bleibt sich treu – auch bei seinem Abschied. Bekam Wiedeking als Porsche-Chef in den vergangenen Jahren selbst einen Bonus, spendierte er auch den Beschäftigten ein Sümmchen. So war es regelmäßig, wenn die Gewinne des Sportwagenbauers in die Höhe schnellten. Auf diesem Weg sicherte sich Wiedeking – der bestbezahlte Manager Deutschlands – auch die Zustimmung des Betriebsrats, der bis zuletzt an der Seite des Managers kämpfte.

Nicht mit Pleitebanker vergleichen

Richtig ist: Die Abfindung für Wiedeking lässt sich nicht mit Millionen-Zahlungen für Pleitebanker vergleichen. Wiedeking hat den Wert von Porsche über Jahre hinweg grandios gesteigert. Dennoch: Am Ende ist der Manager mit seinem Plan, VW zu übernehmen, grandios gescheitert. Zuletzt lag Wiedeking falsch, was Porsche im Ergebnis die Unabhängigkeit kostete. Eine hohe Abfindung ließe sich insofern allein mit seinen Leistungen der vergangenen Jahre rechtfertigen.

Zu bedenken ist auch: Wiedekings Abfindung wird nicht direkt mit Steuergeld bezahlt. Es sind die Eigentümer des Unternehmens, die Wiedeking diese atemberaubende Summe überweisen. Hier unterscheidet sich der Fall Wiedeking zu den Vorgängen um den Bankchef Dirk Jens Nonnenmacher, dessen HSH Nordbank nur mit staatlicher Unterstützung in Milliardenhöhe überleben konnte.

Doch wie wird Wiedekings Abfindung bei einem Mittelständler ankommen? Der Porsche-Chef ist ein angestellter Manager – und kein persönlich haftender Unternehmer. Für das Risiko, das Wiedeking bei der geplanten Übernahme von VW einging, hafteten vor allem die Aktionäre. Gelegentlich verwundert es schon, dass Eigentümer von Unternehmen das geschäftliche Risiko nicht stärker an ihre angestellten Führungskräfte weitergeben.

Finanzvorstand geht auch

Keine Frage: Wiedekings Vertrag lief noch bis zum Jahr 2012 – und jeder Angestellte hätte wohl einen Ausgleich bei vorzeitiger Vertragsauflösung verlangt. Neben Wiedeking räumt übrigens auch Finanzvorstand Holger Härter seinen Posten. Härter erhält eine Zahlung von 12,5 Millionen Euro. Auch er verzichte damit auf vertraglich vorgesehene Ansprüche, heißt es.

Wiedekings gigantische Abfindung wird die ohnehin hitzig geführte Debatte über die Akzeptanz der sozialen Marktwirtschaft weiter befeuern. Der SPD-Finanzpolitiker Poß warf Wiedeking sogleich vor, Porsche stehe „exemplarisch für den Einzug der Zockermentalität des globalen Kasino-Kapitalismus” – und Wiedeking erhalte nun für „Missmanagement Millionen”. Dass Abfindungen von Unternehmen als Betriebsausgabe steuermindernd geltend gemacht werden können, will die SPD im Wahlkampf thematisieren, auch um die Union auf diesem Feld anzugreifen.

Der Fall Wiedeking polarisiert. Seine Abfindung entwickelt enorme politische Sprengkraft – und das in einer Zeit, in der mehr denn je Ausgleich gefragt wäre.