Weltjugendtage sind Papst-Jubeltage. Unvergessen sind die lauten Benedetto-Rufe, die durch die Straßen Kölns erschallten, als Benedikt XVI. kurz nach seiner Wahl zum Kirchenoberhaupt an den Rhein kam – in seine deutsche Heimat. Die Jugend der Welt stand Kopf – sie konnte nicht genug kriegen von dem alten Mann in Weiß. Doch jetzt in Spanien ist das anders. Neben der Begeisterung unheiliger Protest, Rangeleien mit Kritikern trüben das sonst so friedliche Treffen. Die Bilder zeigen, dass sich viel verändert hat für die katholische Kirche.

Das hat in Spanien auch spanische Gründe. Das Land galt einstmals als „katholische Reserve des Okzidents“, der westlichen Welt. Doch heute schreitet die Säkularisierung hier schneller voran als anderswo. Vor 30 Jahren noch haben sich 90 Prozent der Spanier als katholisch bezeichnet, jetzt sind es noch gut 70. Zudem sind seit den Tagen der nationalkatholischen Diktatur von Francisco Franco, die 1975 endete, die Gräben zwischen Antiklerikern, Laizisten und Kirche nicht überwunden. Beim Papst-Besuch brachen sie wieder auf.

Aber es lag bei weitem nicht nur an ideologischen Altlasten. Die Jugend leidet nicht unter dem Kreuz, sondern unter extremer Arbeitslosigkeit. Seit Wochen protestiert sie gegen das System – zu dem auch die Kirche gehört. Würden die Kritiker allerdings genauer hinhören, wüssten sie, dass Benedikt im Kampf gegen Ungerechtigkeit auf ihrer Seite steht. Zwar ist Benedikt in der sozialen Frage längst nicht so wortgewaltig wie sein Vorgänger Johannes Paul II., dennoch fand er in Madrid die richtigen Worte, geißelte die Profitsucht in der Wirtschaft, die den Menschen längst als Maß verloren hat.

Aber die Gründe für das schwindende Ansehen der Kirche sind ja nicht auf Spanien begrenzt. Auch in Deutschland steckt sie tief in der Krise. Da ist der Skandal um den sexuellen Missbrauch. Und die Diskrepanz zwischen kirchlicher Sexualmoral, vor allem im Umgang mit Homosexuellen, und der Lebenspraxis der Katholiken schwächt die Verbundenheit mit der Kirche gewaltig.

Fazit: Und genau das ist die Situation, auf die der Papst in gut vier Wochen trifft. Dann besucht er seine deutsche Heimat erneut. Der Andrang auf die Messen ist groß, doch auch die Kritiker sammeln sich bereits. Die Zeiten, in denen ausschließlich Benedetto-Rufe durch die Straßen hallten, die sind für die Kirche – einstweilen jedenfalls – vorüber. Seit 2005 ist viel passiert.