Trauer um die Toten, Mitgefühl für das Leid der Angehörigen, Hilfe für die traumatisierten Opfer; das muss nun im Mittelpunkt stehen. Die Bürger Duisburgs sind nach dem 24.7. nie zur Tagesordnung übergegangen. Sie konnte und durften es nicht, weil viele sich vor ihrer politischen und moralischen Verantwortung drücken.

So entstand der Eindruck bestürzender Gleichgültigkeit bei Organisatoren, Veranstaltern und Vermarktern.

Politik und ethisches Verhalten, Anstand, das war im Jahr nach der Katastrophe in Duisburg oft ein Widerspruch. Der „erste Bürger“ der Stadt glaubt, er sei zum Sündenbock gemacht worden, was wiederum offenbart, worum es Adolf Sauerland in erster Linie geht: um sich selbst. Selbstmitleid ist seine Reaktion auf die größte Katastrophe in seiner Stadt. Nun hat er sich sogar dafür entschuldigen müssen, dass er sich zu spät entschuldigt hat. Sein Marsch durch die Fettnäpfe will einfach kein Ende nehmen. Den Bürgern kann er nur noch einen Dienst erweisen und sein Amt niederlegen.

Aber es geht nicht um eine Person, die in ganz Deutschland zu einer Symbolfigur für verantwortungslose Politik geworden ist, sondern um die Opfer. Sie wären vergessen und verloren, würden wir nicht Konsequenzen aus der Tragödie ziehen. Deshalb dürfen wir nicht zulassen, dass die Akteure sich einfach durch Aussitzen aus der Affäre ziehen. Am Ende werden dafür die Gerichte sorgen. Es wäre eine weitere Schande, würde der Ort der Tragödie nicht eine Gedenkstätte, sondern – unvorstellbar – Teil eines Einkaufszentrums werden.

Nur ein Ereignis mit Millionen Besuchern scheint wirklich bedeutend

Weil die Loveparade zum „Totentanz“ wurde, wie Präses Nikolaus Schneider es genannt hat, ist nicht die Freude am Feiern verboten – auch nicht in Duisburg. Aber Veranstalter sollten zukünftig auch die Unkultur der Mega-Events, die vor allem nach Masse und Quote streben, hinterfragen. Unsere Spaßgesellschaft hat zu einem kritiklosen Rekordstreben geführt, das vorgaukelt, nur ein Ereignis mit Millionen Besuchern sei wirklich bedeutend.

In Duisburg muss das Leben weitergehen. Voller Stolz können die Bürger auf ihre Rhein-Ruhr-Metropole blicken, die in vielen Bereichen vorbildlich ist: Weltoffenheit, Toleranz, Mut, Unternehmungsgeist – auch diese Begriffe charakterisieren die Rhein-Ruhr-Metropole. Wegen des Trauerspiels Loveparade und des katastrophalen Verhaltens eines Politikers darf nicht eine ganze Stadt dauerhaft verpönt sein.