Düsseldorf/Berlin.. Nach der Ausbreitung des gefährlichen Darmerregers Ehec in Deutschland dürften hiesige Landwirte wohl nur einen Bruchteil ihres Schadens durch die EU ersetzt bekommen. Der Bauernverband schätzt die Umsatzausfälle auf 75 Millionen Euro, ersetzt werden wohl nur 16 Millionen.
Wegen Einbußen durch die Ehec-Epidemie fordern deutsche Landwirte Entschädigungen in Höhe von 16 Millionen Euro. Diese Summe habe die Bundesregierung an die EU-Kommission gemeldet, sagte am Dienstag ein Sprecher des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Nach Auffassung des Deutschen Bauernverbands (DBV) deckt diese Summe nicht einmal Viertel des entstandenen Schadens.
In NRW sind knapp fünf Millionen Euro Umsatzausfälle gemeldet worden, die EU zahle aber wohl nur maximal 2,4 Millionen Euro als Schadensausgleich aus. Insgesamt machen laut Landes-Verbraucherministerium 175 Gemüseerzeuger in NRW Ansprüche bei der EU geltend. Wegen der Warnung vor verschiedenen Gemüsesorten in diesem Mai waren alleine in NRW 927 Tonnen Tomaten und 915 Tonnen Gurken aus dem Handel genommen und vernichtet worden. Hinzu kamen 61 Tonnen Salat und 7 Tonnen Paprika.
Schadenersatz soll frühestens Ende Juli ausgezahlt werden
Die Bundesländer hätten dem Bund die Forderungen ihrer Bauern gemeldet, dieser habe die Gesamtsumme am Montag an Brüssel weitergeleitet, sagte der Sprecher. Auch die übrigen EU-Staaten würden nun die Forderungen ihrer Landwirte bei der EU melden. „Dann wird man genau sehen, wie hoch der Bedarf ist“, sagte der Sprecher. Die EU hatte ihren Bauern insgesamt 210 Millionen Euro Entschädigung in Aussicht gestellt. Frühestens Ende Juli soll das Geld ausgezahlt werden. Wie sich die Summe aufteilt, ist noch unklar.
Die versprochenen Entschädigungen reichten nicht aus, teilte der europäische Bauern- und Genossenschaftsverband (Copa-Cogeca) mit. Angesichts der andauernden Absatzprobleme müsse „ein zweites Hilfspaket mit einem zusätzlichen Budget“ her, erklärte der Präsident des Genossenschaftsverbands Cogeca, Paolo Bruni.
Auch die von Deutschland erbetenen 16 Millionen Euro deckten nur „einen Bruchteil“ des Schadens ab, der den inländischen Bauern entstanden sei, erklärte der Deutsche Bauernverband. Der DBV gehe von einem Schaden von etwa 75 Millionen Euro aus. Die Länder hätten bei der EU-Kommission die Schäden nur zu 50 Prozent geltend gemacht. „Der angemeldete Schaden der deutschen Gemüsebauern bei der EU beträgt also 32 Millionen Euro“, betonte der DBV.
Keine Entschädigungen für Rucola und Chinakohl
Wichtige Produkte seien außerdem von Entschädigungen ausgeschlossen, zum Beispiel Rucola und Chinakohl. Bauern konnten Ansprüche nur für bestimmte Salat- und Gemüsesorten anmelden: Gurken, Tomaten, Kopf- und Blattsalat, Endivie, Paprika und Zucchini.
Die spanische Regierung fordert auch für Ausfälle bei Melonen und Steinobst Entschädigungen, wie Landwirtschaftsministerin Rosa Aguilar bereits am Montag erklärt hatte. Zunächst hatten aus Spanien importierte Gurken im Verdacht gestanden, den Darmkeim Ehec übertragen zu haben. Die Einbußen für dortige Bauern waren deshalb besonders hoch. Sie fordern Aguilar zufolge Entschädigung in Höhe von 71 Millionen Euro.
Gemüsebauern in ganz Europa machten durch Ehec enorme Verluste. Wegen einer möglichen Verunreinigung mit dem aggressiven Darmkeim hatten die deutschen Behörden über mehrere Wochen vor dem Verzehr von Rohkost und speziell von Salat, ungekochten Tomaten und frischen Gurken gewarnt.
An dem lebensbedrohlichen Darmkeim Ehec waren in Deutschland tausende Menschen erkrankt. Mindestens 48 Personen starben nach einer Infektion. Der Höhepunkt der Erkrankungen war den Behörden zufolge Mitte Mai erreicht. Seit über einer Woche wurden dem Robert-Koch-Institut eigenen Angabe zufolge keine neuen Erkrankungen mehr gemeldet. Zuletzt hatte der Kreis Paderborn einen Ehec-Massentest bei 800 Schülern und Senioren gemacht, nachdem mehrere Kinder im Kreis an schwerem Durchfall erkrankt waren. (afp/dae/WE)