Frankfurt/Main..

Auf 1,5 Prozent hat die Europäische Zentralbank den Leitzins für die Eurozone angehoben. Die EZB will mit der Zinssteigerung die zunehmende Inflation eindämmen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Leitzinsen in der Eurozone erwartungsgemäß erhöht. Der EZB-Rat hob den wichtigsten Leitzins am Donnerstag um 0,25 Punkte auf 1,5 Prozent, wie die EZB in Frankfurt am Main mitteilte. Es ist der zweite Zinsschritt innerhalb von drei Monaten.

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hatte die Erhöhung im vergangenen Monat angedeutet.

Die EZB hatte im April eine Zinswende eingeleitet und den Leitzins von 1,0 Prozent auf 1,25 Prozent angehoben. Seit 13. Mai 2009 hatte der sogenannte Hauptrefinanzierungssatz, zu dem sich Banken bei der EZB Geld leihen, auf dem historischen Tief von 1,0 Prozent gelegen.

Die EZB will mit der Zinssteigerung die zunehmende Inflation eindämmen. Nach Definition der Zentralbank gilt Preisstabilität erreicht, wenn die Teuerung „unter, aber nahe bei zwei Prozent“ bleibt. Die Inflationsrate im Euroraum lag im Juni bei 2,7 Prozent.

Was eine Leitzins-Erhöhung für die Verbraucher bedeutet

Welche Auswirkungen hat die Leitzins-Erhöhung auf Sparer, Häuslebauer und beim Einkauf im Supermarkt? Einige Fragen und Antworten.

Wird der Kredit fürs Auto, für eine neue Küche jetzt teurer?

Neue Kredite könnten künftig etwas teurer werden, riesige Sprünge sind aber wenig wahrscheinlich. Die lange Niedrigzinsphase sei ohnehin vorbei, sagt der Bankenexperte des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Frank-Christian Pauli. Eine direkte Auswirkung der Leitzinserhöhung sei unwahrscheinlich, aber der Trend weise nach oben.

Kann ich mir die Hypothek für mein Haus jetzt noch leisten?

Laufende Hypothekenkredite sind von der Leitzinsänderung nicht betroffen, da in Deutschland für sie üblicherweise keine variablen Zinssätze vereinbart sind. In Spanien beispielsweise ist das anders, dort schlägt eine Leitzinsänderung direkt auf die Kosten für das Eigenheim durch, wie Carsten Brzeski, Europa-Volkswirt bei der ING-DiBa, erklärt.

Die Anschlussfinanzierung oder neue Baukredite dürften teuer werden, allerdings stiegen auch die Zinsen für Baugeld nach Expertenangaben schon in den vergangenen Wochen, völlig unabhängig vom Leitzins. Allein deshalb sollten Immobilienkäufer jetzt nichts überstürzen, sagt Pauli. Wer aber ohnehin den Kauf einer Wohnung oder eines Hauses gut durchgerechnet habe, habe sollte auch nicht zu lange zögern. Beratung gebe es bei den Verbraucherzentralen.

Wird jetzt alles teurer?

Eigentlich nein. Wenn die EZB ihr Ziel erreicht und die Inflation gedämpft wird, sollten die Verbraucher von stabileren Preisen profitieren.

Bringt mein Erspartes mehr Zinsen und muss ich irgendwas tun dafür?

Bei Tagesgeld sollten die Zinsen nach Einschätzung von Experten relativ schnell anziehen, allerdings sei in diesem Bereich schon in den Wochen vor der EZB-Entscheidung ein Aufwärtstrend zu beobachten gewesen. Auch bei kurzfristigen Festgeldern sei ein Zinsanstieg möglich, erklärt ING-Volkswirt Brzeski. Wie bei den Hypotheken gelte in Deutschland auch bei den Sparzinsen, dass sich die Leitzinsänderungen weniger stark bemerkbar machten als in anderen Euro-Ländern, etwa Spanien.

Könnte ein höherer Zins die deutsche Wirtschaft abwürgen?

Das halten die Experten für ausgeschlossen. Zwar dämpfe ein höherer Leitzins in der Regel das Wachstum, doch die deutschen Unternehmen seien derzeit so robust aufgestellt, dass sie locker damit zurechtkommen könnten. Der erwartete Anstieg um einen Viertelprozentpunkt sei auch "sehr marginal", sagt Brzeski. Ein Zinsschritt könne sogar einen positiven Effekt haben: "Die Erhöhung kann die Inflationserwartung dämpfen", erklärt der Volkswirt. Wenn die Verbraucher weniger Angst vor der Geldentwertung hätten, würden sie mehr einkaufen. Das komme dem Konsum zugute - und könne so die Wirtschaft weiter ankurbeln. (dapd)