Berlin. . Laut einem Medienbericht ist die Lage für die Bundeswehr in Afghanistan deutlich gefährlicher als bislang angenommen. Es drohen verstärkt Sprengstoffanschläge.

Die Sicherheitslage im Norden Afghanistans ist laut einem Bericht der „Bild“-Zeitung offenbar deutlich dramatischer als von der Bundeswehr und vom Verteidigungsministerium dargestellt. Das Blatt zitierte am Donnerstag aus als geheim eingestuften internen Bewertungen der Bundeswehr in Afghanistan, in denen es heiße, die Taliban seien „unverändert im Raum vorhanden“. Ein „Anstieg“ von Bombenanschlägen auf die Deutschen werde in den Dokumenten „als wahrscheinlich“ bewertet. Die Hauptbedrohung werde dabei vermutlich von versteckten Sprengsätzen ausgehen, heißt es demnach in den Dokumenten.

Verteidigungsminister Thomas de Maizière hatte nach dem Anschlag auf einen Schützenpanzer der Bundeswehr am 2. Juni gesagt, die Taliban hätten so sehr „an Boden verloren“, dass sie nur noch auf „das besonders perfide Mittel von Terror- und Sprengstoffanschlägen“ zurückgreifen könnten. Experten der Bundeswehr hingegen sprachen gegenüber „Bild“ von einem „bewussten Strategiewechsel“ der Taliban.

Afghanischer Geheimdienst warnte nicht vor Anschlag

Die Ermittler der NATO-Truppe ISAF gehen dem Bericht zufolge zudem davon aus, dass der afghanische Geheimdienst NDS wahrscheinlich von dem Anschlag gewusst habe. In geheim eingestuften Berichten der ISAF heißt es demnach, alles deute darauf hin, dass „höhere Dienststellen des NDS“ von dem bevorstehenden Anschlag wussten, die Deutschen aber nicht warnten. Im deutschen Hauptquartier in Masar-i-Scharif sei man „enttäuscht“ von den afghanischen Geheimdienstlern des NDS, sagte ein Beteiligter der „Bild“.

Vor dem Sprengstoffanschlag vom 28. Mai 2011 im Gouverneurspalast von Talokan habe eine klare Warnung vorgelegen. Nach „Bild“-Informationen wurde der deutsche General Markus Kneip vorher informiert, es sei „innerhalb der nächsten 24 bis 48 Stunden ein Anschlag auf hohe Würdenträger in Talokan“ geplant. Kneip nahm trotzdem an einem Treffen im Gouverneurspalast teil. Die Explosion verwundete Kneip und tötete zwei Bundeswehrsoldaten.