Essen. . Die Quelle für die Ehec-Epidemie liegt weiter im Dunkeln. Salat, Fleisch, Milchprodukte - all dies könnte nach Expertenmeinung die gefährlichen Keime übertragen. Mikrobiologen aus NRW raten zum Kauf bei regionalen Erzeugern.

Bei der Suche nach dem Auslöser der gefährlichen Ehec-Welle stochern die Behörden weiter im Nebel. Derweil steigt die Zahl der schweren Fälle an: Mindestens 470 sind es inzwischen deutschlandweit, 200 allein in NRW. Nur eines ist klar: Die spanischen Salatgurken vom Hamburger Großmarkt waren nicht für den Ausbruch der Epidemie verantwortlich. Sorgen und Verwirrung der Verbraucher sind groß. DerWesten sprach mit Experten darüber, was wir jetzt unbedingt beachten müssen.

Haben wir in den vergangenen Tagen umsonst auf Gurken-Salat verzichtet?

Eine Entwarnung gibt es nicht. Das Robert-Koch-Institut rät weiterhin vom Verzehr von Gurken, Tomaten und Blattsalaten ab. Und das sei auch gut so, sagt Walter Däubener, Professor für Mikrobiologie an der Uniklinik Düsseldorf. Rohkostsalate stünden nach wie vor im Fokus der Suche nach der Ehec-Quelle. Die Aussagen von Erkrankten haben die Forscher auf diese Fährte gebracht. Zudem sollen einige der Betroffenen Vegetarier sein. Dennoch will der Experte nicht ausschließen, dass der tödliche Keim auch im Fleisch schlummert. Es könnten auch Milchprodukte verseucht worden sein, befürchtet Jan Buer, Professor für Mikrobiologie am Uniklinikum Essen. Beide Mikrobiologen halten es zudem für möglich, dass die Lebenmittel nicht durch Gülle, sondern durch verseuchtes Wasser mit Ehec-Keimen belastet wurden, etwa beim Bestäuben von Gemüse während des Transports.

Sind Lebensmittel aus NRW sicherer?

Der Ursprung der Ehec-Welle liegt höchstwahrscheinlich in Norddeutschland, sind die Experten überzeugt. Deshalb raten sie dazu, Fleisch und Gemüse von regionalen Bauern zu kaufen, am besten gleich beim Erzeuger selbst. Das sei auf jeden Fall sicherer als der Kauf im Supermarkt, sagt Däubener. Dennoch müsse man auch hier unbedingt auf die Hygiene achten. Die Gefahr, durch verunreinigte Lebensmittel zu erkranken, sei generell sehr hoch.

Was müssen die Verbraucher in der Küche beachten?

„Die Ehec-Keime haften zumeist außen an den Lebensmitteln“, sagt Däubener. Deshalb muss alles zunächst gründlich gewaschen werden. Zudem sollte man darauf achten, dass Fleisch und Gemüse getrennt voneinander zubereitet werden. Fleisch sollte gut durchgebraten werden. Und von Rohmilchprodukten sollten die Deutschen vorerst die Finger lassen. Dazu zählen etwa bestimmte Käsesorten, die auf der Verpackung als Rohmilch-Erzeugnis gekennzeichnet werden müssen. Buer rät zudem, rohe und gegarte Lebensmittel getrennt voneinander zu lagern. Und natürlich gilt stets: Händewaschen nicht vergessen.

Wie hoch ist die Gefahr, sich bei einem Menschen anzustecken?

Ehec-Bakterien werden von Mensch zu Mensch durch Schmierinfektion übertragen. Gefährdet seien jedoch vornehmlich Pflegepersonal und Angehörige von Erkrankten, beruhigt Däubener. Das Universitätsklinikum Münster hält es jedoch für möglich, dass Menschen den Keim in sich tragen, ohne dass er zum Ausbruch kommt. Experte Buer mahnt zudem zur Vorsicht beim Kontakt mit Wiederkäuern wie Schafen und Kühen.

Wie groß ist die Chance, dass die Quelle des Erregers bald gefunden wird?

„Ich habe wenig Hoffnung, dass der Infektionsherd noch entdeckt wird“, sagt Buer. Auch bei früheren Ehec-Epidemien sei die Suche häufig im Sande verlaufen. Däubener hofft, dass die Welle bald abebbt, wenn alle kontaminierten Lebensmittel verzehrt oder vernichtet wurden. Dennoch sei nicht ausgeschlossen, dass die Quelle erneut aktiv wird. Deshalb setzt er auf den Schnelltest, den das Uniklinikum Münster jetzt entwickelt hat. Damit kann innerhalb von vier Stunden geklärt werden, ob ein Patient mit Ehec infiziert ist. Das eigentliche Problem löse dieser jedoch nicht, sagt dagegen Buer. „Ehec ist nicht richtig behandelbar. Wir können nur die Auswirkungen angehen.“ Im Uniklinikum Essen liegen derzeit fünfzehn Menschen mit einer Ehec-Erkrankung, bei fünf Patienten ist der Verlauf schwer.

Die Verwirrung der Verbraucher ist riesig, der wirtschaftliche Schaden immens. Hat man bei den spanischen Salatgurken zu früh Alarm geschlagen?

Den Prostest-Sturm der Spanier gegen die Hamburger können die Experten nicht nachvollziehen. Nicht die Hamburger Gesundheitsbehörde, sondern die Öffentlichkeit hätten die Ergebnisse überinterpretiert, sagt Däubener. „Die Forscher stehen unter enormem Druck“, erklärt Buer den Schnell-Schuss. Dennoch müsse man künftig sehr gewissenhaft mit weiteren Warnungen umgehen.