Brüssel. . Die Festnahme von Mladic ist eine erlösende Nachricht.für die Überlebenden des Massakers von Srebrenica. Für Bosniens Muslime ist Mladic “der Schlächter”, für viele Serben ein Held. Die Serben als Nation werden sich der Untat stellen müssen, die in ihrem Namen begangen wurde.
Besser spät als gar nicht – für die Überlebenden des Massakers von Srebrenica ist die Festnahme von Ratko Mladic eine erlösende Nachricht. Der furchtbare General ist der mutmassliche Hauptverantwortliche für die einzige offiziell als Völkermord eingestufte Bluttat auf europäischem Boden nach dem Zweiten Weltkrieg.
Seine Ergreifung ist auch für die EU, die USA und die Nachbarn Serbiens ein überaus positives Ereignis. Es wird Belgrad den Weg in die EU ebnen und die Aussöhung auf dem Westlichen Balkan voranbringen. Wie nötig das ist, zeigt der Fall Mladic selbst. Für Bosniens Muslime ist Mladic “der Schlächter”, für viele Serben ein Held.
In Srebrenica wurden im Juli 1995 rund 8000 Männer und Jungen von der serbisch-bosnischen Soldateska aus einem einzigen Grund umgebracht: Sie gehörten zur falschen Bevölkerungsgruppe, sie hatten die falsche Religion. Sie starben, nachdem Mladic ihnen versprochen hatte: “Euch passiert nichts!” Die Erinnerung an die Ermordeten sucht nicht nur die Überlebenden heim. Sie gemahnt auch an die tragische Unfähigkeit Europas, nie wieder Völkermord zuzulassen. Die 8000 Menschen starben in einer angeblichen Sicherheitszone der UN, vermeintlich geschützt von holländischen UN-Soldaten.
Mit Mladics Ergreifung hat Serbien gute Aussichten, noch vor Ende des Jahres den ersehnten Status eines offiziellen EU-Kandidaten zuerkannt zu bekommen. Belgrad hat den seit Jahren Gesuchten erst in letzter Minute dingfest gemacht - als klar war, dass andernfalls die Tür zum EU-Wartezimmer zuschlagen würde. Mit der Festnahme kann das Land nun beginnen, tatsächlich an seiner europäischen Zukunft zu arbeiten.
Der kommende Prozess vor dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag wird die verdrängte Wahrheit an den Tag bringen: dass Serbien direkt in den Krieg in Bosnien verwickelt war. Sicher – Schuld ist letztlich immer individuell. Aber die Ermordung so vieler Menschen in so kurzer Zeit setzt Organisation voraus. Die Serben als Nation werden sich der Untat stellen müssen, die in ihrem Namen begangen wurde. Und Europa, dessen Parlament den 11. Juli zum “europäischen Gedenktag an den Völkermord von Srebrenica” ausgerufen hat, wird sich die Erkenntnis zumuten müssen, dass die Inhumanität nicht mit guten Vorsätze allein von unserem Kontinent zu verbannen ist.