Düsseldorf. . Erfolg für die Kläger: Der Chemiekonzern Bayer darf die umstrittene Kohlenmonoxid-Leitung weiter nicht in Betrieb nehmen. Das hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf am Mittwoch entschieden. Ein ‘Tagessieg’ für die Projekt-Gegner.

Das gläserne Atrium des Verwaltungsgerichts Düsseldorf dient eigentlich als Cafeteria. An diesem Mittwochnachmittag muss der stattliche Lichthof jedoch zum Verhandlungssaal umfunktioniert werden. Zu groß ist der Besucherandrang.

Der Vorsitzende Richter Winfried Schwerdtfeger verkündet hier nicht irgendein Urteil. Es geht vielmehr um eine bedeutende Runde in der seit Jahren tobenden juristischen Schlacht um die Kohlenmonoxid-Pipeline des Bayer-Konzerns zwischen Dormagen und Krefeld.

Am Ende erleidet der Chemieriese im Kampf um das symbolträchtige NRW-Industrieprojekt eine weitere Schlappe: Das Verwaltungsgericht erklärt den Genehmigungsbeschluss für die 67 Kilometer lange Gasleitung für rechtswidrig. Die Erdbebensicherheit sei nicht ausreichend geprüft worden, macht Richter Schwerdtfeger deutlich.

Sieg für Bauer Muhr

Der Tagessieg geht also an Bauer Heinz-Josef Muhr aus Monheim und Anwohner Claus Schiefer aus Langenfeld, die sich mit allen Mitteln des Rechtsstaates gegen die Durchleitung des hochgiftigen Kohlenmonoxids wehren. Und ihre Klagen sind nur die beiden ersten von mehr als 40, die beim Verwaltungsgericht aufgelaufen sind.

Wie geht es weiter mit der Pipeline, die eigentlich bereits seit 2008 im Betrieb sein sollte? Die ursprünglich auf 50 Millionen Euro taxierten Kosten des Bayer-Konzerns sollen sich inzwischen fast verdoppelt haben. Trotzdem betont die Konzerntochter Bayer Material Science (BMS), dass die CO-Leitung zwischen den Betriebsstandorten Dormagen und Uerdingen für die Kunststoff-Produktion und damit für die Zukunft von 4500 Mitarbeitern in NRW von entscheidender Bedeutung bleibe. Doch nun droht eine weitere Genehmigungsschleife von mindestens einem Jahr.

Erdbebensicherheit nachprüfen

„Für Bayer wäre die vollständige Aufhebung des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses sicher der schlimmere Fall gewesen. Das Gericht hat hier einen moderaten Weg gewählt. Die Mängel im Genehmigungsverfahren könnten heilbar sein“, erklärte der Sprecher des Verwaltungsgerichts, Gerd-Ulrich Kapteina, die Entscheidung seiner Kollegen. Die Bezirksregierung Düsseldorf muss die Erdbebensicherheit der Pipeline jetzt nachprüfen. Regierungspräsidentin Anna Lütkes (Grüne) kommentierte das Urteil nur knapp: „Für mich ist das keine Überraschung.“ Der SPD-Fraktionschef im Landtag, Norbert Römer, mahnte: „Solange noch Zweifel an der Sicherheit der CO-Pipeline bestehen, kann auch keine Betriebsgenehmigung ausgesprochen werden.“

Bayer beschwichtigt

Der Bayer-Konzern war derweil spürbar bemüht, die Konsequenzen des Urteils herunterzureden. Es gehe um „geringfügige Nachermittlungen“ bei der Erdbebensicherheit, sagte Stefan Gehring, der Leiter der Rechtsabteilung bei Bayer Material Science. Ansonsten sehe er den Spruch des Verwaltungsgerichts „grundsätzlich positiv“, weil andere Teile der Klage etwa gegen die Trassenführung, das verwendete Material oder die Eingriffe ins Eigentum von Anwohnern abgewiesen worden waren. „Es hat sich bestätigt, dass die Pipeline sicher ist“, resümierte Gehring.

„Wir haben gewonnen“, konterte Kläger-Anwalt Joachim Hagmann. Weil sich seine Mandanten nicht auf ganzer Linie durchsetzen konnten, schloss er aber ein Berufungsverfahren gegen den ungleichen Prozessgegner Bayer nicht aus.