Brüssel. . Der Aufmarsch dänischer Zöllner an den Grenzen zu Schweden und Deutschland - ein neuer Tiefpunkt der Auszehrung der EU. Damit wird eines der wenigen populären Elemente des organisierten Europa demontiert.

Mit dem Aufmarsch dänischer Zöllner an den Grenzen zu Schweden und Deutschland erreicht die Auszehrung der EU einen neuen Tiefpunkt. Hier soll nicht – wie allzu oft und schlimm genug - ein tatsächliches Problem auf Kosten Europas gelöst werden.

Hier wird ein symbol-politischer Budenzauber veranstaltet. Die Rückkehr zu Grenzkontrollen ist die Duldungsprämie, mit der sich die Minderheitsregierung des Ministerpräsidenten Rasmussen das Wohlverhalten der fremdenfeindlichen Dänischen Volkspartei kauft. Das EU-Kernland Frankreich, das seinerseits die Liebe zum Schlagbaum wiederentdeckt hat, flötet beflissen Beifall. Was Kopenhagen vorhabe, sei nur “eine Banalität”. Schengen? Hau weg.

Das ist verstörend. Schengen ist, anders als etwa der Euro, kein EU-Baustein von zweifelhaftem oder gar schlechtem Ruf. Die Währungsunion war nie wirklich volkstümlich. Schengen sehr wohl. Die Abschaffung der nationalen Barrieren, der zwanglose Wechsel von einem europäischen Land ins andere – das war das einleuchtende Grundversprechen des Unternehmens Europa. Helmut Kohl hat bei jeder Gelegenheit damit renommiert, wie er selbst beim Abbau der rot-weißen Schranken Hand angelegt habe. Hier wird eines der wenigen populären Elemente des organisierten Europa demontiert.

Figuren wie Pia Kjaersgaard, die Chefin der Dänischen Volkspartei, oder Timo Soini, der als Führer der nationalpopulistischen “Wahren Finnen” Front macht gegen die gemeinsamen Anstrengungen zur Rettung des Euro, sind die Europäer der Stunde. Und keineswegs allein. Der Haufen der Rechtspopulisten und Regionalseparatisten – der Holländer Wilders, die Französin Le Pen, der Italiener Bossi, der Belgier De Wever – in der EU wächst. Für sie alle kommt der eigene Sprengel zuerst und dann lange gar nichts. Und jeder von ihnen hat bereits eine beachtliche Druck-Position gegenüber seiner jeweiligen Regierung aufgebaut. Ungarn ist schon weiter: Da sind die Nationalisten die Regierung. Zudem sind sie derzeit EU-Vorsitzende. Als solche haben sie beim Treffen der EU-Innenminister an der dänischen Zöllner-Mobilisierung nichts auszusetzen gefunden.

Das eigentlich Erschütternde ist die Schwäche der etablierten Pro-Europäer, die nicht energisch dagegenhalten. Auf der Suche nach der Wiederwahl-Mehrheit richtet Präsident Sarkozy in Frankreich seine Politik stramm an Volkes Stimmung aus. Die Regierung Merkel hält es ähnlich. Auf der Strecke – in dem Fall der arabischen - bleibt derzeit ein drittes Hauptstück des Projekts Europa: die gemeinsame Außenpolitik. Die wahren Finnen sind überall. Was fehlt, sind wahre Europäer.