Berlin. Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg sind deutsche Soldaten mit einem Ehrenkreuz für Tapferkeit ausgezeichnet worden. Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte mehr Anerkennung für die Einsätze der Bundeswehrsoldaten.
Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg sind deutsche Soldaten mit einem Ehrenkreuz für Tapferkeit ausgezeichnet worden. In einer betont zivilen Zeremonie erhielten am Montag vier Feldwebel im Alter zwischen 28 und 33 Jahren das neue Ehrenkreuz der Bundeswehr aus den Händen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Verteidigungsminister Franz Josef Jung (beide CDU). Merkel forderte mehr Anerkennung für die Einsätze der Bundeswehrsoldaten.
Verliehen wurde das Kreuz «für besonders tapferes Verhalten unter außergewöhnlicher Gefährdung für Leib und Leben». Zugleich betonte Merkel, die Auszeichnung werde stellvertretend für den Einsatz vieler anderer Bundeswehrsoldaten verliehen. Merkel forderte, die Leistungen der Bundeswehr insgesamt stärker zu würdigen. «Unsere Soldaten müssen für ihren Einsatz mehr Anerkennung finden», sagte sie. Es werde in Deutschland auch zu wenig darüber gesprochen, was die Auslandseinsätze den Einzelnen und ihren Familien abverlangten.
"Eine Armee im Einsatz braucht diese Auszeichnung"
Während in anderen Ländern Tapferkeitsmedaillen eine lange Tradition haben, ist die deutsche Ehrung wegen der Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg und das damals verliehene Eiserne Kreuz teilweise umstritten. Merkel betonte allerdings die Notwendigkeit einer solchen Ehrung. «Eine Armee im Einsatz braucht eine solche Auszeichnung», sagte sie. Zugleich wurde die Zeremonie jedoch betont zivil gestaltet: Sie wurde im kleinen Rahmen im Bundeskanzleramt vor einer blauen Stellwand abgehalten, statt Militärmärschen wurde Klassik gespielt. Weitere Tapferkeitsauszeichnungen sind derzeit nicht in Vorbereitung.
SPD und CDU lobten die Auszeichnung. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil nannte es richtig, dass diejenigen, die Mut bewiesen hätten, auch entsprechend anerkannt würden. Sein CDU-Kollege Ronald Pofalla erklärte, die Leistungen der Bundeswehr müssten stärker gewürdigt werden; dazu gehöre auch das geplante Ehrenmal für Angehörige der Bundeswehr.
Der Bundeswehrverband verteidigte die Ehrung als «längst überfällig», wie sein Vorsitzender Ulrich Kirsch dem Sender N24 sagte. «Wenn jemand etwas ganz Besonderes leistet und dabei sein eigenes Leben in die Waagschale wirft, dann ist das doch wohl wert, honoriert zu werden.» Die Auszeichnung beschreibe zudem in gewisser Hinsicht die neue Rolle der Bundeswehr als einer «Einsatzarmee». Und die habe in einem Einsatz wie in Afghanistan auch «mit Tod und Verwundung zu leben», sagte er dem Radiosender WDR5.
Keine Parallelen zum Dritten Reich
Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Reinhold Robbe (SPD), wies darauf hin, dass etliche Soldaten schon gefallen und nicht wenige wegen schwerster Verwundungen für ihr ganzes Leben gezeichnet seien. »Deshalb ist die Tapferkeitsmedaille für mich ein angemessenes und gutes Beispiel für positiven Patriotismus«, sagte Robbe. Er warnte davor, im Zusammenhang mit der Tapferkeitsmedaille Parallelen »zu einer Zeit, die zu der dunkelsten Epoche der deutschen Geschichte zählt«, zu ziehen. »Da irgendwelche Analogien herzustellen ist völlig verfehlt«, sagte Robbe.
Vorwurf: Heroisierung des Militärischen
Die Linke kritisierte die Auszeichnung: »Sie stellt die Weichen in Richtung einer Heroisierung des Militärischen und dient der Akzeptanzbeschaffung in der Bevölkerung für einen kriegerischen Einsatz«, sagte ihr Verteidigungsexperte Paul Schäfer und plädierte für andere Formen der Anerkennung: Denkbar wäre stattdessen die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes - auch an Entwicklungshelfer oder Vertreter einer Nichtregierungsorganisation.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) wies darauf hin, dass auch die zivile Polizei und viele Hilfsorganisationen im Einsatz Tag für Tag ihr Leben aufs Spiel setzten. Der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg sagte, er erwarte dafür keinen besonderen Orden. »Das gehört für uns zum Berufsbild dazu.« Er forderte aber eine bessere Bezahlung und verbesserte Rahmenbedingungen für die Polizisten im Auslandseinsatz. (afp/ddp)