Washington.. Das “schauerliche“ Bild soll womöglich veröffentlicht werden. Die Tötung des El-Kaida-Chefs hat US-Präsident Obama einen Popularitätsschub verschafft.
Das Weiße Haus hat seine Darstellung zur Tötung von Osama bin Laden korrigiert: Der Al-Kaida-Chef war demnach entgegen ersten Angaben doch nicht bewaffnet, als er von einer US-Spezialeinheit in Pakistan getötet wurde. Die US-Regierung ist im Besitz von Fotos der Leiche, von denen mindestens eines wohl veröffentlicht wird. Die Tötung bin Ladens verschaffte US-Präsident Barack Obama einen Popularitätsschub.
Bin Laden habe zum Zeitpunkt des Einsatzes in der pakistanischen Stadt Abbottabad keine Waffe bei sich gehabt, erklärte der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney, am Dienstag. Um Widerstand zu leisten, brauche man aber keine Schusswaffe. Das Weiße Haus hatte zunächst mitgeteilt, bin Laden habe eine Waffe gehalten und möglicherweise auf die US-Einsätzkräfte geschossen. Die neuen Angaben zum Hergang des Einsatzes dürften Zweifel wecken, ob die USA je vorhatten, bin Laden lebend zu fassen.
Fünf Menschen starben bei dem Einsatz
Der Direktor des US-Geheimdienstes CIA, Leon Panetta, erklärte im amerikanischen Fernsehen, bin Laden habe Bewegungen gemacht, die "eine klare Bedrohung für unsere Leute" dargestellt hätten. Er nannte keine Einzelheiten dazu, was bin Laden tat, während es im Gebäude zu einem Feuergefecht zwischen den US-Kräften und seinen Helfern kam. "Ich glaube nicht, dass er viel Zeit hatte, um etwas zu sagen", erklärte Panetta. Alles sei in Sekundenschnelle abgelaufen. Wenn bin Laden aufgegeben hätte, wäre er von den Einsätzkräften gefangen genommen worden. "Aber sie hatten die volle Befugnis, ihn zu töten."
Nach den tödlichen Schüssen auf bin Laden, die den Al-Kaida-Gründer in den Kopf und die Brust trafen, durchsuchten die US-Spezialkräfte in wenigen Minuten das Gebäude nach Informationen. Sie nahmen Computer und Dokumente mit, die nun ausgewertet werden. Insgesamt kamen bei dem Einsatz fünf Menschen ums Leben: bin Laden, sein Sohn, sein Vertrauter Abu Ahmed al Kuwaiti, dessen Ehefrau und dessen Bruder. Durch al Kuwaiti kam die CIA auf die Spur bin Ladens.
Nicht die erste Korrektur
Die Angaben zu den letzten Minuten im Leben von bin Laden wurden vom Weißen Haus nicht zum ersten Mal seit dem Einsatz in der Nacht zum Montag korrigiert. Zunächst hatte die US-Regierung den Namen eines mit bin Laden getöteten Sohnes falsch angegeben. Getötet wurde Chalid, nicht Hamsa. Außerdem hieß es fälschlicherweise, bin Ladens Ehefrau sei als menschliches Schutzschild missbraucht worden und dabei erschossen worden. Tatsächlich wurde die Ehefrau eines Helfers getötet, die ins Kreuzfeuer geriet, wie das Weiße Haus am Dienstag erklärte. Pressesprecher Carney führte die Ungenauigkeiten auf die zahlreichen Informationen zurück, die erst nach und nach einträfen und noch überprüft würden.
Obama sah dem Einsatz zu
In der US-Regierung wird weiter diskutiert, ob und wenn ja, welche Fotos von dem getöteten bin Laden veröffentlicht werden sollen. Regierungssprecher Carney erklärte, das Bild sei "schauerlich" und könnte wie Zündstoff wirken. Aber CIA-Direktor Panetta erklärte, er sei sicher, dass schließlich doch ein Foto veröffentlicht werde.
Präsident als starke Führungspersönlichkeit
Die Tötung des Al-Kaida-Chefs ließ derweil die Umfragewerte von US-Präsident Obama steigen. Zugleich machten sich die Befragten allerdings Sorgen wegen möglicher Racheakte. Mit dem Militäreinsatz in Pakistan sind laut einer Umfrage von "USA Today" und Gallup 93 Prozent der Befragten zufrieden. Eine Erhebung der "Washington Post" und des Pew Research Center ergab, dass die meisten erleichtert, stolz oder froh nach der Tötung bin Ladens sind.
Obama betrachten laut einer Erhebung von CNN und des Opinion Research Center (ORC) inzwischen 58 Prozent als "starke und entschlossene" Führungspersönlichkeit. Das sind fünf Prozentpunkte mehr als noch im April.
Taliban glauben nicht an Tod bin Ladens
Die Taliban äußerten Zweifel am Tod bin Ladens. Die Nachricht vom Tod des Terroristenchefs "kommt bisher nur von einer Seite", sagte Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid. Man werde die Berichte erst dann glauben, wenn sie einen Beweis gesehen habe oder eine Bestätigung aus eigenen Quellen erhalte.
Kritik wurde unterdessen an der Entscheidung laut, bin Laden für den Einsatz den Codenamen "Geronimo" zu geben. Geronimo war ein Häuptling der Apachen, der Ende des 19. Jahrhunderts mehrere Jahre gegen die Truppen der USA und Mexikos kämpfte, bis er sich 1886 schließlich ergab. Sein Kampf machte ihn zu einem der berühmtesten Indianer Nordamerikas. Die führende Beraterin des Senatskomitees für indianische Angelegenheiten, Loretta Tuell, erklärte am Dienstag, es sei völlig unangemessen Geronimo, "einen der größten Helden der indianischen Ureinwohner", mit dem meist gehassten Feind der USA in Zusammenhang zu bringen.
Nach dem Tod bin Ladens meldete das Militär an das Weiße Haus: "Geronimo EKIA". EKIA steht für Enemy Killed In Action (Feind im Kampf getötet).
Obama enthüllt am 11. September Denkmal in New York
Präsident Obama kündigte sein Erscheinen zu den Gedenkfeiern zum zehnten Jahrestag der Terroranschläge vom 11. September in New York an, um dort ein Denkmal zur Erinnerung an die fast 3.000 Toten zu enthüllen, wie Bürgermeister Michael Bloomberg am Dienstag ankündigte. Ein Sprecher des Weißen Hauses wollte dies aber zunächst noch nicht bestätigen. Obama besucht New York am Donnerstag. In den letzten Jahren hatte er im Pentagon an die Anschläge erinnert, sein Vizepräsident Joe Biden war in New York. (dapd)