Tokio. . Neue Hiobsbotschaft aus dem Katastrophen-AKW Fukushima: Der Betreiber Tepco meldete am Samstag ein Leck im Betonsockel des Reaktors 2, durch das radioaktiv verseuchtes Wasser ins Meer gelangt. Derweil besuchte Ministerpräsident Naoto Kan erstmals das Katastrophengebiet im Nordosten Japans.

Neue Hiobsbotschaft aus dem Katastrophen-AKW Fukushima: Der Betreiber Tepco meldete am Samstag ein Leck im Betonsockel des Reaktors 2, durch das radioaktiv verseuchtes Wasser ins Meer gelangt. Das könnte nach Ansicht der Atomaufsicht erklären, warum die radioaktive Belastung im Seegebiet rund um das Kraftwerk auf das 4000fache der erlaubten Werte angestiegen ist.

Arbeiten im Problem-Reaktor

Rund 50 Männer kämpfen in dem Atomkraftwerk Fukushima-Daiichi gegen eine mögliche Kernschmelze. Die Männer...
Rund 50 Männer kämpfen in dem Atomkraftwerk Fukushima-Daiichi gegen eine mögliche Kernschmelze. Die Männer... © REUTERS
... sind zum Teil Angestellte des AKW-Betreibers Tepco, zum Teil aber auch Freiwillige. Mit Taschenlampen bahnen sie sich ihren Weg durch das zerstörte Kernkraftwerk, in dem...
... sind zum Teil Angestellte des AKW-Betreibers Tepco, zum Teil aber auch Freiwillige. Mit Taschenlampen bahnen sie sich ihren Weg durch das zerstörte Kernkraftwerk, in dem... © REUTERS
... die Elektrizität ausgefallen ist. Die Techniker prüfen Geräte und kontrollieren die Parameter-Einstellungen an Schalttafeln. Die Helfer...
... die Elektrizität ausgefallen ist. Die Techniker prüfen Geräte und kontrollieren die Parameter-Einstellungen an Schalttafeln. Die Helfer... © REUTERS
... sind der radioaktiven Strahlung ausgesetzt. Ihnen drohen schwere Gesundheitsschäden, vielleicht sogar der Tod. Immer wieder...
... sind der radioaktiven Strahlung ausgesetzt. Ihnen drohen schwere Gesundheitsschäden, vielleicht sogar der Tod. Immer wieder... © AP
... müssen die Männer ihre Arbeit unterbrechen - etwa wenn das Risiko einer Explosion zu groß wird. Immerhin...
... müssen die Männer ihre Arbeit unterbrechen - etwa wenn das Risiko einer Explosion zu groß wird. Immerhin... © Tokyo Electric Power Co./a
... konnten die Helfer einen ersten Erfolg verbuchen: Die Stromversorgung...
... konnten die Helfer einen ersten Erfolg verbuchen: Die Stromversorgung... © REUTERS
... zum Kontrollraum des ersten Reaktors wurde wiederhergestellt. Am Donnerstag sei in der dortigen Schaltzentrale...
... zum Kontrollraum des ersten Reaktors wurde wiederhergestellt. Am Donnerstag sei in der dortigen Schaltzentrale... © AP
... die Beleuchtung wieder angegangen, berichten die Behörden. Es sei aber noch nicht klar, ...
... die Beleuchtung wieder angegangen, berichten die Behörden. Es sei aber noch nicht klar, ... © AP
... ob damit auch das Kühlsystem des Reaktors 1 wieder in Betrieb gehen könne. Zuvor...
... ob damit auch das Kühlsystem des Reaktors 1 wieder in Betrieb gehen könne. Zuvor... © REUTERS
... hatten Polizei und Armee bereits versucht, mit Wasserwerfern und...
... hatten Polizei und Armee bereits versucht, mit Wasserwerfern und... © Reuters
... Löschflugzeugen die Reaktoren zu kühlen. Bilder aus dem Herbst 2010...
... Löschflugzeugen die Reaktoren zu kühlen. Bilder aus dem Herbst 2010... © REUTERS
... zeigen den Alltag in dem Atomkraftwerk vor der Katastrophe. Mehrere...
... zeigen den Alltag in dem Atomkraftwerk vor der Katastrophe. Mehrere... © AP
... hundert Menschen arbeiteten in dem Kernkraftwerk. Heute ist...
... hundert Menschen arbeiteten in dem Kernkraftwerk. Heute ist... © AP
... die Gegend rum um den Meiler evakuiert. Eine Bannzone...
... die Gegend rum um den Meiler evakuiert. Eine Bannzone... © REUTERS
... im Umkreis von 30 Kilometern wurde errichtet. Die Folgeschäden...
... im Umkreis von 30 Kilometern wurde errichtet. Die Folgeschäden... © REUTERS
... der Katastrophe für die Helfer und die Bürger in Japan sind dennoch ungewiss.
... der Katastrophe für die Helfer und die Bürger in Japan sind dennoch ungewiss. © Tokyo Electric Power Co./a
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Der Sprecher der Atomsicherheitsbehörde, Hidehiko Nishiyama, erklärte, das Wasser trete aus einem Riss in der Schutzhülle einer Grube aus. In der Luft über dem Leck seien Strahlungswerte von 1.000 Millisievert pro Stunde gemessen worden. AKW-Betreiber Tepco bestätigte die Angaben.

Nishiyama sagte weiter, die Strahlenwerte im Wasser in der Nähe des Reaktors und in einem Umkreis von 15 Kilometern würden ständig überprüft. Der etwa 20 Zentimeter lange Riss sollte mit Zement abgedichtet werden. "Dieser könnte eine der Quellen für die Kontaminierung des Meerwassers sein", erklärte Nishiyama. Zugleich räumte er ein, dass es in dem Gebiet noch weitere, ähnliche Risse geben könne. Diese gelte es so schnell wie möglich zu finden.

Erdbeben soll Ursache sein

Tepco-Sprecher Osamu Yokokura sagte, der Riss gehe wahrscheinlich auf das schwere Erdbeben vom 11. März zurück. Möglicherweise trete schon seitdem Wasser aus. Der Sprecher bestätigte eine Strahlenmessung über 1.000 Millisievert in der Luft über der Grube. In etwa 60 Zentimeter Entfernung seien noch 400 Millisievert gemessen worden. Experten haben erklärt, das verstrahlte Wasser werde in den Weiten des Pazifiks rasch verdünnt, sodass auch größere Mengen kaum Auswirkungen auf die Umwelt hätten.

Radioaktives Jod 131 in Konzentrationen deutlich über dem Grenzwert war im Meer nahe dem Atomkraftwerk schon vor mehr als einer Woche entdeckt worden. Am Samstag veröffentlichte Messergebnisse zeigten, dass sich die Radioaktivität im Meer bis zu 40 Kilometer in südlicher Richtung ausbreitete. Die Jod-Konzentration dort war doppelt so hoch wie zulässig. Die Behörden betonten jedoch, trotzdem bestehe keine Gefahr für die menschliche Gesundheit.

Premier Kan besucht erstmals Katastrophengebiet

Derweil besuchte Ministerpräsident Naoto Kan erstmals das Katastrophengebiet im Nordosten Japans, das vor drei Wochen von dem schwersten Erdbeben in der Geschichte des Landes und einem verheerenden Tsunami heimgesucht wurde. 28.000 Menschen wurden getötet oder werden noch vermisst. Als Zeichen der Solidarität besuchte Bundesaußenminister Guido Westerwelle das asiatische Land.

Tepco gab die Strahlenbelastung des aus dem Reaktor 2 ausgelaufenen Wassers mit 1000 Millisievert pro Stunde an. Normal ist eine Belastung zwischen einem und zehn Millisievert pro Jahr. Die Atomaufsicht kündigte an, Tepco wolle das Leck nun mit Beton verschließen.

Tepco lockt „Springer“ mit 3500 Euro Lohn pro Schicht

In seinem verzweifelten Kampf gegen den Super-GAU will der größte asiatische Stromanbieter jetzt auch sogenannte Springer einsetzen - Arbeiter aus anderen Firmen, die für besonders riskante Tätigkeiten mit umgerechnet bis zu 3500 Euro pro Schicht entlohnt werden sollen. „Meine Firma bot mir 200.000 Yen (1670 Euro) den Tag“, zitierte die Wochenzeitung „Post“ einen 30 Jahre alten Arbeiter. „Normalerweise wäre das ein Traumjob, aber meine Frau fing an zu weinen, und darum habe ich abgelehnt.“

Drei Wochen nach dem Tsunami und dem Beginn der Atom-Katastrophe besuchte Ministerpräsident Kan erstmals das Katastrophengebiet. Dabei traf er in der Sperrzone um Fukushima Arbeiter, die verzweifelt versuchen, das Unglück unter Kontrolle zu bekommen. In dem zerstörten Fischerdorf Rikuzentakata sprach Kan mit Obdachlosen, die seit dem Tsunami in Notunterkünften leben. „Es wird ein langer Kampf werden, aber die Regierung wird mit Ihnen bis zum Ende zusammenarbeiten“, versprach er.

Kritik an Kans Krisenmanagement

Der in Umfragen unpopuläre Kan stand bereits vor dem Erdbeben politisch erheblich unter Druck, entweder zurückzutreten oder Neuwahlen anzusetzen. Auch für sein Krisenmanagement nach dem Beben hagelt es Kritik.

Über die Lage in Japan will sich nun auch die Internationale Atomenergieagentur IAEA an Ort und Stelle informieren. Die IEAE teilte in Wien mit, zwei Experten würden von Montag an mit japanischen Fachleuten beraten. Davon erhoffe sich die UN-Unterorganisation Informationen aus erster Hand. (Reuters)

Mehr zum Thema auf der Sonderseite „Die Katastrophe in Japan“