Stuttgart. . Schlingerkurs bei „Stuttgart 21“, Schlingerkurs in der Atompolitik: Stefan Mappus, bisheriger CDU-Ministerpräsident in Baden-Württemberg hat es nicht geschafft, seinen Wählern sein Programm zu erklären. Dabei galt er einst als Hoffnungsträger.
Bei seinem Amtsantritt im Februar 2010 galt Baden-Württembergs Regierungschef Stefan Mappus als Hoffnungsträger der Südwest-CDU. Zupackend und entscheidungsfreudig löste der damals 43-Jährige als bundesweit jüngster Ministerpräsident Günter Oettinger ab. Bei der Landtagswahl am Sonntagabend aber ist der Hobbyflieger böse abgestürzt. Nur eine Stunde nach Schließen der Wahllokale übernahm er die Verantwortung für die historische Niederlage, die seine Partei nach knapp 58 Jahren erstmals auf die Stuttgarter Oppositionsbänke schickt. Damit ist auch die politische Zukunft von Mappus ungewiss.
Er selbst ließ sein persönliches Schicksal zunächst offen, sprach aber von „personeller und inhaltlicher“ Neuausrichtung, die er seiner sonst so siegesverwöhnten Landes-CDU vorschlagen wolle. Bereits in den vergangenen Monaten hatte die Partei bittere Erfahrungen gesammelt. Vor allem die Atomkatastrophe in Japan machte ihr, aber auch Mappus persönlich schwer zu schaffen: Sein entschiedener Pro-Atom-Kurs war angesichts der Bilder aus Fukushima nicht mehr zu halten.
Mappus will nicht mit Franz Josef Strauß verglichen werden
Parteifreunde und Gegner verglichen Mappus wegen seines Machtinstinkts und seiner Impulsivität gerne mit dem jungen Franz Josef Strauß. Der Pforzheimer Diplom-Ökonom aus einfachen Verhältnissen lehnt den Vergleich aber ab. Doch wie der einstige bayerische Ministerpräsident trägt auch Mappus sein Herz auf der Zunge und musste bereits im Landtag, wo er von 2005 bis 2010 Fraktionsvorsitzender war, die Folgen dessen ausbaden, was seine Landsleute „Maul auf, Wort fort“ nennen.
Um Schadensbegrenzung nach plötzlichem Meinungswandel war Mappus während seiner kurzen Amtszeit immer wieder bemüht. Den Auftakt machte im März 2010 das Hin und Her über den von Mappus dann doch verweigerten Ankauf einer CD mit den Daten von Steuerbetrügern, obwohl sich sein damaliger Finanzminister Willi Stächele (CDU) dafür ausgesprochen hatte.
Schlingerkurs bei „Stuttgart 21“
Ähnlich lavierte Mappus im Streit um das Milliardenprojekt „Stuttgart 21“. Nachdem zuerst nichts von ihm zu den Bürgerprotesten zu hören war, setzte er dann auf einen harten Konfrontationskurs. Als aber im September hunderte Menschen bei Protesten von Wasserwerfern verletzt wurden und selbst Kanzlerin Angela Merkel (CDU) den Opfern „gute Genesung“ wünschte, änderte der Regierungschef erneut seinen Kurs und wurde zum Verfechter von Bürgerdialog und Schlichtung. Selbst CDU-Anhänger kritisierten zudem seine Demontage des Stuttgarter CDU-Oberbürgermeisters Wolfgang Schuster, dem eine verfehlte Informationspolitik zum heftig umstrittenen Bahnhofsprojekt „Stuttgart 21“ vorgehalten wurde.
Das größte „Glaubwürdigkeitsproblem“ hatte Mappus nach Ansicht seines SPD-Herausforderers Nils Schmid aber seit dem atomaren Desaster in Japan und seiner Kehrtwende in Sachen Atomstrom. Mappus galt zuvor als einer der glühendsten Atom-Lobbyisten seiner Partei - und musste nun plötzlich erklären, warum er den Atommeiler Neckarwestheim 1 am liebsten dauerhaft abschalten wollte.
Die „starke Frau an seiner Seite“ konnte Mappus nicht helfen
Punkten wollte Mappus im Wahlkampf zuletzt vor allem auch mit dem Einsatz seiner Frau Susanne Verweyen-Mappus. Die 48-jährige frühere CDU-Landesgeschäftsführerin und laut Partei „starke Frau“ an Mappus“ Seite ging im Wahlkampf nicht nur mit einer Videobotschaft des Staatsministeriums zum Weltfrauentag an die Öffentlichkeit. Sie tingelte zu medienwirksamen Kaffeekränzchen durch die Provinz, um Wählerinnen und Wählern die Politik ihres Mannes „in ungezwungener Atmosphäre“ nahezubringen.
Doch ließen sich die Wähler weder vom Meinungsschwenk in Sachen Atom noch vom Einsatz der „First Lady“ überzeugen. Die Landespartei wird deshalb nun zu entscheiden haben, ob ihr Chef vor allem als Ministerpräsident mit der kürzesten Amtszeit in die Geschichte des Ländles eingeht oder als Oppositionsführer eine zweite Chance bekommt. (afp)