Tripolis/Washington.. Die Alliierten Truppen haben in Libyen ein Haus in Gaddafis Residenz zerstört. Darin soll ein Kommandozentrum untergebracht gewesen sein. Die USA betonen, dass nicht Gaddafi selbst Ziel der Angriffe ist.

Mit dem Beschuss der Residenz von Muammar al Gaddafi in Tripolis haben die Alliierten Gaddafi gezeigt, dass er sich nicht sicher fühlen kann, auch wenn das UN-Mandat die Jagd auf den libyschen Machthaber nicht vorsieht. In der Nacht zu Montag war ein Marschflugkörper innerhalb des Geländes Bab Al Asisija in Tripolis eingeschlagen, auf dem auch Gaddafis Zelt steht. Es war nicht bekannt, wo sich Gaddafi während des Angriffs befand.

Am Morgen stieg aus den Trümmern des runden dreistöckigen Verwaltungsgebäudes Rauch auf, Splitterteile der Cruise Missile lagen überall verstreut. Rund 300 Gaddafi-Anhänger seien auf dem Gelände gewesen. Über Tote und Verletzte wurde nichts bekannt.

Rebellen in Siegespose

Vertreter der US-Streitkräfte erklärten am Montag, der massive Einsatz von Marschflugkörpern und Präzisionsbomben, die von Langstreckenbomben des Typs B-2 abgeschossen wurden, habe die libysche Luftabwehr empfindlich getroffen. Es ist die Rede davon, dass militärische Infrastruktur zerstört worden sei, aber mehr noch, dass unter Gaddafis Truppen Verwirrung herrsche und Truppenteile isoliert seien. In einem 25-stündigen Flug haben zwei B-2-Tarnkappenbomber vom Luftwaffenstützpunkt Whiteman im US-Staat Missouri den Atlantik überquert, 45 Bomben über Libyen abgeworfen und sind wieder nach Hause geflogen.

Außerdem haben amerikanische, britische und französische Kampfflugzeuge libysche Panzer getroffen und deren Vormarsch auf die Rebellenhochburg Bengasi im Osten des Landes gestoppt. Augenzeugen berichteten von mindestens sieben zerstörten Panzern und etlichen unbrauchbar geschossenen gepanzerten Fahrzeugen und Mannschaftstransportern in einem Feld 20 Kilometer südlich von Bengasi.

"Ich denke, wir werden Gaddafi in den nächsten zwei Tagen erledigen", sagt Essedlin Helwani, ein 35 Jahre alter Vertreter der Rebellen, der neben qualmenden Trümmern eines gepanzerten Mannschaftstransportwagens posiert. Im Überschwang ihres Triumphs haben die Aufständischen eines der Panzerwracks mit dem Kopf einer Ziege mit Zigarette im Maul drapiert.

Washington um Abgabe von Führung bemüht

Das US-Militär hat zwar die informelle Führung der internationalen Aktion, aber die Amerikaner vermeiden - unabhängig vom Angriff auf seine Residenz in Tripolis - jeden Anschein, sie wollten Gaddafi stürzen oder auch nur die Aufständischen in die Lage versetzen, dies zu tun. Offiziell geht es den USA nur um den Schutz der Zivilbevölkerung.

Im Pentagon hat dessen Direktor Vizeadmiral William E. Gortney abermals betont, dass Gaddafi kein spezielles Ziel darstelle, wohl aber seine Bodentruppen, die die Rebellen angriffen. "Wenn sie gegen Aufständische vorrücken, ja, dann nehmen wir sie unter Feuer", sagte Gortney. Gleichwohl bemühen sich die USA, die Führung der Aktion in den nächsten Tagen abzugeben. Verteidigungsminister Robert Gates sagte vor seinem am Montag beginnenden Russland-Besuch, die Vereinigten Staaten würden es begrüßen, wenn Frankreich, Großbritannien oder die NATO "in einigen Tagen" die Führung übernehmen könnte.

Gaddafi selbst scheint das alles nicht zu beeindrucken. In einer Telefonansprache, die das staatliche libysche Fernsehen ausstrahlte, sagte er, er werde nicht von Bengasi lassen. Im Gegenteil, er werde die Depots öffnen und alle Libyer bewaffnen. Sie würden mit "automatischen Waffen, Mörsern und Bomben" ausgestattet. Außerdem würden Libyer als menschliche Schutzschilde auf Flugplätzen eingesetzt. "Wir versprechen euch einen langen Krieg", sagte Gaddafi..

Westerwelle nimmt an Libyen-Beratungen teil

Unterdessen forderte die Türkei eine erneute Überprüfung der möglichen Strategie der Nato in Libyen. Wie aus Diplomatenkreisen in Brüssel verlautete, verlangte die türkische Vertretung, mögliche zivile Opfer stärker zu berücksichtigen. Die 28 Nato-Staaten hatten am Sonntag weiter über ihre Rolle im Libyen-Konflikt beraten, eine Entscheidung stand aber weiter aus. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte unterdessen seine Teilnahme an den Gremiensitzungen seiner Partei ab, um am Montag in Brüssel an den Libyen-Beratungen der EU teilnehmen zu können.

Der Chef der Arabischen Liga, Amr Mussa, kritisierte die Bombardierungen und erklärte, sie entsprächen nicht dem Ziel, eine Flugverbotszone durchzusetzen. Auch Russland und Weißrussland forderten ein Ende der Luftangriffe. (ap)