Das Klassentreffen der A-Promis beim Steiger-Award
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Bochum. Gradlinigkeit, Offenheit, Toleranz: Für diese Tugenden der Bergleute werden die Preisträgerdes Steiger-Award ausgezeichnet. Im nunmehr siebten Jahr längst zu einer ernstzunehmenden Veranstaltung geworden: Aus der ganzen Welt reisen die Promis an.
Mit einer Schweigeminute für die Opfer der Erdbebenkatastrophe in Japan begann die Verleihung der Steiger-Awards in diesem Jahr. Die große Geste im Abendkleid? Hier gehört sie hin: Denn die Gala ist mehr als ein Schaulaufen in Schampus-Laune. Sie ist vor allem ein sehr politisches Fest.
Gradlinigkeit, Offenheit, Toleranz: Für diese Tugenden der Bergleute werden die Preisträger in der Jahrhunderthalle ausgezeichnet. Und was sich zunächst wie ein weiterer peinlicher Versuch anhörte, das Ruhrgebiet über Gebühr aufzuhübschen, ist im nunmehr siebten Jahr längst zu einer ernstzunehmenden Veranstaltung geworden: Aus der ganzen Welt reisen die Promis an, um sich ihren Preis abzuholen. Und es sind – wenn man in diesen Kategorien denken möchte – zweifellos A-Promis, die Sascha Hellen, der „Vater“ des Steigers, ins Ruhrgebiet holt.
Steiger Award
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Dennoch: „Es ist eigentlich wie ein Klassentreffen“, versuchte WDR- und diesmal auch Steiger-Moderatorin Gisela Steinhauer zu erklären, was den Charme des Abends ausmacht: Unprätentiös, unverkrampft – und ohne Absperrung: Und so fand sich zwischen Klaus-Maria Brandauer und Reinhold Beckmann auch Kirsten Phenn aus Sachsen mitten im Getümmel: Ihr großes Traum ist es, einmal (den ebenfalls Nominierten) Richard Chamberlain zu treffen. Bis nach Hawaii ist sie dafür schon geflogen – aber vergeblich. Das hatte sie Organisator Hellen geschrieben. „Und stellen Sie sich vor, da hat er mir eine Einladung geschickt.“
Auch die Preisträger freuen sich auf die Begegnung
Auch Preisträger Egon Bahr hatte sich vor seiner Zusage gut über die Gästeliste informiert: „Wen muss ich fürchten, dort zu treffen, hab ich gefragt“, witzelt der 88-Jährige – der, wie er sagt, eigentlich überhaupt kein Gala-Typ ist. Aber nun freue er sich doch: Auf die Klitschko-Brüder, auf Brandauer. „Solche Leute kriegt man ja wirklich nicht oft zu sehen.“
Letztlich war es dann zwar nur ein Klitschko, den er zu sehen bekam: Vitali musste absagen, weil er nächste Woche wieder in den Ring steigt. Bruder Wladimir machte das aber doppelt wett: Nicht nur zur Freude der rund 120 Journalisten kam der Zwei-Meter-Mann in Begleitung seiner „kleinen“ Freundin, der US-Schauspielerin Hayden Panettiere.
Deren Kollegin Stefanie Powers hatte noch mehr Verstärkung im Saal: 17 Fans waren aus halb Europa angereist, um dabei zu sein, als die 68-Jährige für ihr Umwelt-Engagement ausgezeichnet wurde. Und mit sogar 40 „Freunden“, wie sie selbst es nennt, hatte sich Afrika-Aktivistin (die dabei übrigens immer noch so apart aussieht wie einst bei „Hart aber herzlich“) zuvor auf einen Plausch in ihrem Hotelzimmer getroffen. Bodenständigkeit ist offenbar auch eine Steiger-Tugend.
Leicht abgehoben wirkte dagegen die Laudatio von Bestseller-Autor Frank Schätzing, der Reinhold Beckmann gleich auf den Olymp der Fernsehleute zu lobhudeln schien: Wenigstens konterte der Geehrte die Sätze wie „Reinhold Beckmann kann die Contenance nicht verlieren -- Reinhold Beckmann ist die Contenance“ vergleichsweise lässig: „Man muss das nicht alles annehmen, der Frank steht schließlich für Fiktion.“
Erinnerungen an die Wurzeln
Für „zusätzliche Buchstaben im Alphabet des künstlerischen Sehens“ stehe dagegen Architekt Frank Gehry, lobte Aliza Olmert den nächsten Preisträger: Er habe uns gezeigt, dass „die Silhouette der technischen Zeit eine organische Form annehmen“ könne. Peter Maffay, der als Laudator für die Klitschkos eingesprungen war – eigentlich hatten die sich Stephanie zu Guttenberg gewünscht – sprach von Fairness und Eleganz im Sport, Wladimir dankte anschließend dem „deutschen Land“. Scorpions-Sänger Klaus Meine ehrte die Rock-Legenden Roger Daltrey und Mark Knopfler, die versicherten – wie überraschend viele Preisträger – den Traditionen der Bergarbeiter und „kleinen Leute“ sehr verbunden zu sein: „Wir haben nie vergessen, wo wir herkommen.“
Preisträger Steiger Award
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Thomas Oberender, Schauspielchef der Salzburger Festspiele, lobte Klaus Maria Brandauer als „Charakterdarsteller der Macht“. Dessen Dankrede gab dann trefflich Anlass zu Spekulationen: Eine Journalistin habe seine junge Frau gerade gefragt, ob denn auch an Nachwuchs gedacht sei. „Im Moment nicht“, habe die geantwortet, so der 66-Jährige schmunzelnd: „Natalie, aber wann dann?“
Überraschung des Abends: die Rede von Cherie Blair
Für die Überraschung des Abends aber sorgte Preisträgerin Cherie Blair, die für ihren Kampf für Gleichberechtigung ausgezeichnet wurde.
Die Anwältin, die so viele Jahre im politischen Schatten ihres Mannes Tony gestanden hatte, hielt einen mitreißenden und zugleich rührenden Appell für die Förderung von Frauen in aller Welt. „Ich habe Präsidenten getroffen, den Papst, Popstars und gleich drei deutsche Kanzler. Aber man meisten beeindruckt haben mich die Frauen, die ich auf der ganzen Welt kennen gelernt habe: die Mädchen in den Kriegsgebieten Afghanistans, die Mütter in Pakistan, die alles daran setzen, ihre Kinder zum Arzt zu bringen, die Unternehmerinnen in Kenia, die für einen Kredit kämpfen, um ihr Geschäft aufzubauen.“ Bei ihrem Einsatz gehe es beileibe nicht um Gutmenschentum: „Wir können es uns auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr erlauben, die Hälfte der Menschen einfach zu ignorieren.“ Cherie Blair, die für ihre Worten den einzigen großen Szenenapplaus des Abends bekam, erklärte abschließend, sie habe ein neues Wort in Bochum gelernt, das sie fortan verbreiten wolle: „Frauenpower“.
Ausgesprochen launig dagegen der Auftritt von EU-Kommissions-Präsident José Manuel Barroso. Er erinnerte sich mit Grausen an seinen letzten Besuch im Ruhrgebiet: Zur Eröffnung der Ruhr 2010 schneite es und war eisig kalt – trotzdem fand die Veranstaltung unter freiem Himmel statt. „Glauben Sie mir, ich wäre gerne unter Tage gefahren“, so Barroso. „Aber Fritz Pleitgen war ohne Gnade – er wollte uns wohl zeigen, was echte Kumpel sind.“ Seitdem habe er eine „sehr authentische Vorstellung“ von der Region.
Und schließlich wurde es dann doch noch einmal sehr politisch: Preisträger Egon Bahr, der mit seinen 88 Jahren erstaunlich behände auf die Bühne kam, erinnerte an das Zustandekommen der Moskauer Verträge und schlug dann den Bogen zum aktuellen Geschehen in Nordafrika. Er warnte eindringlich davor, den Staaten dort durch ein machtvolles Eingreifen das Selbstbestimmungsrecht zu nehmen und ihnen unsere Vorstellungen aufzudrängen. Sie müssten selbst entscheiden, welche Verfassung sie auf- und ausbauen. „Das sage ich hier – gerade auch unter dem Gesichtspunkt der Toleranz.“
Ungewöhnlich pünktlich für Steiger-Verhältnisse – auch dank der souveränen Moderation von Gisela Steinhauer – konnte dann das Dinner beginnen. „Ein toller Abend“ schwärmte Wladimir Klitschko anschließend. „Ich hätte nie gedacht, dass in Bochum so etwas möglich ist.“ „Ganz besonders“ fand Stefanie Powers die Gala, Sascha Hellen nannte sie schlicht „gelungen“.
Nur Kirsten Phenn aus Sachsen wird traurig nach Hause fahren: Ihr Idol Richard Chamberlain hat sie wieder nicht getroffen. Denn der war nicht da: Der Tsunami hatte seinen Flugplan durcheinander gewirbelt.
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