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Aus der Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe wird eine nukleare Katastrophe. Die Folgen des dramatischen Unglücks in Japan sind noch unabsehbar. Klar ist: Auch in Deutschland wird die Atom-Debatte erneut losbrechen.

In wenigen Wochen jährt sich zum 25. Mal die Atom-Katastrophe von Tschernobyl. Der Name der ukrainischen Stadt – bis zu jenem 26. April 1986 weithin unbekannt – steht seitdem weltweit symbolhaft für den atomaren Super-GAU schlechthin. Nun deutet alles darauf hin, dass künftig neben Tschernobyl ein zweiter Name dieses Schicksal teilen wird: Fukushima.

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    Der Atomkomplex an der japanischen Küste, gerade einmal 250 Kilometer von der Mega-Metropole Tokio entfernt, ist vom schwersten Erdbeben, das das Land je erlebt hat, schwer beschädigt worden. Das Kühlsystem brach zusammen, die im Innern der Anlage gemessene Radioaktivität stieg dramatisch an, auch in der Umgebung des Meilers wurde bereits radioaktive Strahlung registriert. Hunderttausende Menschen werden evakuiert. Es gab eine Explosion. Das Schreckensszenario: Eine Kernschmelze mit einer unkontrollierbaren Kettenreaktion als mögliche Folge. Schon jetzt ist „Fukushima“ das folgenschwerste Atomunglück seit dem April 1986.

    Die japanischen Atommeiler galten auch wegen ihres besonderen Schutzes gegen die Erdbeben, die den Inselstaat im Pazifik immer wieder treffen, als vergleichsweise sicher. Ließen bereits kleinere Zwischenfälle in den Atomanlagen in der Vergangenheit an dieser Einschätzung zweifeln, so entpuppt sie sich nun vollends als Illusion. Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht.

    Während die Menschen in der betroffenen Region in diesen Stunden um ihre Gesundheit, ja um ihr Leben fürchten, blicken auch die Menschen in Europa mit Sorge nach Fernost. Die Auswirkungen der nuklearen Wolke von Tschernobyl sind bis heute messbar - auch hierzulande. Erste Einschätzungen von Wetter- und Klima-Experten scheinen zumindest für Deutschland vorsichtige Entwarnung zu geben: Eine radioaktive Wolke werde nicht bis hierhin reichen. Jedenfalls sei dies, je nach Experte, „wahrscheinlich“, „voraussichtlich“ oder „vermutlich“ so zu sehen. Auch hier aber gilt: Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht.

    Völlig klar ist dagegen, dass die Katastrophe von Fukushima die Atom-Debatte auch in Deutschland neu befeuern wird. Die Verlängerung der Laufzeiten für deutsche Kernkraftwerke, das fehlende Endlager für hochradioaktiven Müll, die Castor-Transporte quer durch die Republik – all dies wird erneut auf die politische Agenda kommen. Und diese Diskussionen sind notwendig. Nach den Ereignissen in Japan kann man nicht einfach mit dem Hinweis, dass ähnliche Erdbeben wie jetzt in Japan hierzulande nicht zu erwarten seien, zur Tagesordnung übergehen. Das bedeutet nicht, dass nun die gesamte bisherige Planung überhastet gekippt werden müsste. Aber die Konzepte müssen im Lichte des Unglücks von Fukushima neu auf ihre Stimmigkeit überprüft. Denn es wäre fahrlässig, sich in trügerischer Sicherheit zu wägen.