Berlin. Die Reform bringt wichtige neue Punkte mit sich. Für Patienten und Angehörige ändert sich nicht nur im Versicherungsbeitrag etwas.
Die geplante Reform der Pflegeversicherung, die am Freitag erstmals im Bundestag beraten wurde, bringt wichtige Neuerungen sowohl für Patienten als auch für Angehörige mit sich.
PFLEGEZEIT FÜR ANGEHÖRIGE: Wer einen Angehörigen selbst pflegt, kann sich dafür künftig sechs Monate lang von seiner Berufstätigkeit freistellen lassen. Er erhält während dieser Zeit zwar kein Gehalt, ist aber sozialversichert und hat ein garantiertes Rückkehrrecht in seinen Betrieb. Unternehmen mit weniger als 15 Beschäftigten sind von der Regelung ausgenommen. Für kurzfristig auftretende Pflegebedürftigkeit in der Familie soll es für Angehörige einen Freistellungsanspruch von bis zu zehn Tagen geben. Die Zeit sollen die Angehörigen nutzen können, um alle nötigen Auskünfte, Hilfen und Ratschläge einholen zu können. Auch diese Auszeit ist unbezahlt.
URLAUB FÜR PFLEGENDE: Wer einen Angehörigen pflegt, hat bereits jetzt Anspruch auf eine vierwöchige Vertretung im Jahr, während der er Urlaub machen kann. Im neuen Gesetz wird aber der Zugang zu dieser Leistung erleichtert: Voraussetzung ist jetzt nicht mehr eine zwölfmonatige Vorpflegezeit für die erstmalige Inanspruchnahme, sondern nur noch sechs Monate.
HÄUSLICHE PFLEGE: Künftig können quartiersbezogene «Pflegestützpunkte» eingerichtet werden, in denen die Betroffenen Rat und Unterstützung erhalten. Nach Kritik aus der Union an diesem Vorhaben einigte sich die Koalition jedoch darauf, dass die Stützpunkte nur in den Bundesländern eingerichtet werden, die dies wünschen. Demgegenüber hatte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) dafür plädiert, für je 20.000 Einwohner einen solchen Stützpunkt zu schaffen. Das Gesetz sieht eine Anschubfinanzierung von bis zu 45.000 Euro vor. Der Beitrag erhöht sich bei der Einbeziehung ehrenamtlicher Arbeit um 5000 Euro. Bundesweit stehen Fördermittel von 60 Millionen Euro zur Verfügung.
Die in betreuten Wohneinrichtungen untergebrachten Pflegebedürftigen sollen die dort erbrachten Leistungen flexibler in Anspruch nehmen und sie zum Beispiel gemeinsam abrufen können.
DEMENZKRANKE: Sie sollen künftig bis zu 2400 Euro im Jahr bekommen. Betroffen sind rund eine Million Menschen. Unterstützung erhalten auch ausdrücklich jene, die aufgrund ihrer Demenz zwar noch nicht im eigentlichen Sinne gepflegt, aber dennoch betreut werden müssen. Ab 1. Juli soll für die Betreuung von Demenzkranken in Heimen zusätzliches Betreuungspersonal eingestellt werden. Dafür werden 200 Millionen Euro bereitgestellt.
ÄRZTLICHE BETREUUNG: Die Pflegekassen sollen darauf hinwirken, dass stationäre Einrichtungen Kooperationen mit niedergelassenen Ärzten eingehen. Kann die medizinische Versorgung dadurch nicht gewährleistet werden, können auch Heimärzte eingestellt werden.
KONTROLLE: Um Missstände in den Pflegeheimen einzudämmen, sollen in den Einrichtungen die Kontrollen verstärkt werden. Vorgesehen ist eine Regelüberprüfung einmal pro Jahr, die grundsätzlich unangemeldet erfolgen soll.
HÖHERE LEISTUNGEN: Die Beträge für Leistungen ambulanter Pflegedienste werden bis 2012 stufenweise angehoben. In der Pflegestufe I steigt der Betrag ab dem kommenden Jahr von 384 auf 450 Euro. In der Stufe II erhöht sich die Leistung von derzeit 921 auf 1100 Euro, in der Stufe III von 1432 auf 1550 Euro. Das Pflegegeld, das bei Betreuung durch die Angehörigen gezahlt wird, steigt bis 2012 in der Stufe I von 205 auf 235 Euro, in der Stufe II von 410 auf 440 Euro und in der Stufe III von 665 auf 700 Euro.
HÖHERE BEITRÄGE: Der Beitrag zur Pflegeversicherung wird zum 1. Juli 2008 um 0,25 Prozentpunkte auf dann 1,95 Prozent angehoben, bei Kinderlosen von bisher 1,95 auf 2,2 Prozent. Dies soll die Kosten bis zum Jahr 2014 abdecken. (afp)