Berlin. . Zocken, ballern, knobeln: Bei einer LAN-Party für Politiker sollen Bundestagsabgeordnete an diesem Mittwoch die Welt der Computerspiele kennen lernen. Die Initiatoren sind junge Abgeordnete. Sie hoffen auf einen Lern-Effekt bei ihren Kollegen.

Der deutsche Bundestag wird zur Spielhölle: Bei einer großen LAN-Party dürfen sich die Politiker mal so richtig am Computer austoben und zocken was das Zeug hält.

Die Bundestagsabgeordneten sollen am Mittwoch (23. Februar) die Welt der Computerspiele kennen lernen. 30 Programme, darunter zwei Ego-Shooter, aber auch Sport-, Strategie- und Geschicklichkeitsspiele, decken die ganze Bandbreite der virtuellen Spielewelt ab. Die Initiatoren der LAN-Party erwarten 150 Teilnehmer - darunter auch Abgeordnete, die sich anfangs wenig begeistert geäußert hatten.

Diskussion über Gewalt-Spiel versachlichen

Die Initiatoren Dorothee Bär (CSU), stellvertretende Bundesvorsitzenden der Jungen Union, Manuel Höferlin und Jimmy Schulz (beide FDP und aktiv in der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft im Bundestag) wollen im Selbstversuch Berührungsängste gegenüber Computerspielen abbauen und mit Vorurteilen aufräumen. „Es geht um einen gesunden Umgang mit Computerspielen und um Aufklärung. Die meisten, die dauernd darüber reden, Computerspiele zu verbieten, haben selbst noch nie gespielt“, so Bär.

Die jungen Abgeordneten ärgern sich unter anderem darüber, dass Computerspiele immer wieder als Erklärung für Gewaltexzesse - wie Amokläufe an Schulen - herhalten müssen. Die Diskussion müsse versachlicht und emotionsfrei geführt werden. „Brutale Filme wie Inglorious Bastards bekommen einen Oscar. Bei Filmen werden also offensichtlich andere Maßstäbe angelegt als bei Spielen. Das ist nicht mehr zeitgemäß. Computerspiele sind Teil der deutschen Kultur“, findet Mitinitiatorin Bär.

Spielen mit wissenschaftlicher Begleitung

Nach den Plänen der Initiatoren soll unter Anleitung von Profis gespielt werden. Eingebettet ist die Computernacht außerdem in ein Vortragsprogramm über medienpädagogische Aspekte von Computerspielen. Die Suchtbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans, will die Gelegenheit nutzen, um „über die wachsenden Gefahren der Online-Spielsucht aufzuklären“.

Vorbild der LAN-Party im Bundestag ist ein Parlamentarischer Spieleabend, der 2009 im Bayerischen Landtag stattfand. Organisiert hatte ihn der medienpolitische Sprecher der CSU-Landtagsfraktion, Eberhard Sinner. Damals testeten die Abgeordneten 60 PC-Spiele, darunter auch das recht gewalttätige „GTA 4“.

Entsetzt über die Computernacht zeigte sich der Sprecher des „Aktionsbündnisses Amoklauf Winnenden“ und Vater eines Opfers, Hardy Schober. „Ich fühle mich von Politikern verhöhnt, die bei einer Party gegeneinander antreten, um zu lernen, wie man virtuell tötet“, sagte er dem Nachrichtenmagazin „Spiegel“.