Berlin. . Nach den Vorwürfen gegen Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), er habe bei seiner Doktorarbeit mehrere Textpassagen abgeschrieben, fordern Teile der Opposition den Verteidigungsminister zum Rücktritt auf. Zudem sind weitere Plagiatsvorwürfe aufgetaucht.

Nach den Plagiatsvorwürfen wegen seiner Doktorarbeit sieht sich Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) mit Rücktrittsforderungen aus der Opposition konfrontiert. Linken-Chefin Gesine Lötzsch und der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold sagten am Donnerstag, sie hielten einen Rücktritt für unausweichlich, falls sich die Vorwürfe bewahrheiteten. Zudem tauchten neue Plagiatsvorwürfe gegen den Minister auf.

Guttenberg hatte 2007 in Bayreuth im Fach Jura seinen Doktortitel gemacht. Ein Bremer Jurist entdeckte nun bei einer Prüfung der mit der Bestnote summa cum laude ausgezeichneten Arbeit nach eigenen Angaben mehrere nicht ordnungsgemäß als Zitat gekennzeichnete Auszüge aus wissenschaftlichen und journalistischen Texten. Inzwischen leitete die Universität Bayreuth ein formales Verfahren zur Prüfung der Vorwürfe ein, Guttenberg wurde zu einer schriftlichen Stellungnahme aufgefordert. Dafür hat ihm die Universität eine Frist von 14 Tagen gesetzt.

Auf der Internetseite http://de.guttenplag.wikia.com/wiki/Plagiate sind inzwischen 25 Seiten der 475 Seiten starken Arbeit markiert, weil dort nicht wissenschaftlich korrekt zitiert worden sein soll. "Spiegel online" berichtete, Guttenberg habe auch vier Sätze von der Internetseite der US-Botschaft übernommen, außerdem habe er mehrere Absätze eines im Internet veröffentlichten Textes des CDU-Europaabgeordneten Andreas Schwab ohne Zitatkennzeichnung abgeschrieben. Schwab sagte "Spiegel online", "inhaltlich sind wir offenbar auf einer Linie. Ob das jetzt so wörtlich hätte zitiert werden müssen, das überlasse ich Herrn zu Guttenberg."

Glaubwürdigkeit "völlig zerstört"

Die Plagiatsvorwürfe könnten nach Einschätzung von Meinungsforschern für Guttenberg gefährlicher werden als alle bisherigen Anschuldigungen. "Die wichtigste Politikereigenschaft ist das Vertrauen. Wer das verspielt, hat ein Problem", sagte der Chef des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid, Klaus-Peter Schöppner. Guttenberg selbst besuchte unterdessen die deutschen Truppen in Afghanistan und verbrachte die Nacht an ihrem gefährlichsten Einsatzort, einem Außenposten nahe Kundus.

Der SPD-Verteidigungsexperte Arnold sagte der "Mitteldeutschen Zeitung", im Fall einer Aberkennung des Doktortitels wäre Guttenbergs Glaubwürdigkeit "völlig zerstört". Ein Minister aber, der seine Glaubwürdigkeit verloren habe, "kann nicht mehr wirklich arbeiten - im Bereich der Bundeswehr, in dem es in hohem Maße auf Vertrauen ankommt, vielleicht noch schwerer als in anderen Ressorts".

Auch Linken-Chefin Lötzsch hält einen Rücktritt für den Fall für unausweichlich, dass sich die Vorwürfe gegen Guttenberg bewahrheiten. In der N24-Sendung "Studio Friedman" sagte Lötzsch: "Wer seine Doktorarbeit gefälscht hat, indem er ohne Angabe von Quellen abgeschrieben hat, dem wird normalerweise der Doktortitel aberkannt. Und wem der Doktortitel aberkannt wird, der ist auch als Minister nicht mehr haltbar." Sie habe keinerlei Vertrauen mehr in den Minister. "Das Amt des Verteidigungsministers ist ja besonders wichtig. Und da braucht man eine Persönlichkeit, die wirklich auch dafür steht, was sie sagt und was sie tut."

"Sachliche Aufklärung"

Dagegen forderte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) eine sachliche Aufklärung der Plagiatsvorwürfe. Die Vorwürfe "sollten ganz in Ruhe aufgeklärt werden", sagte sie dem "Hamburger Abendblatt". "Aufgeregte Kommentare sollten genauso unterbleiben wie Vorverurteilungen", warnte die Ministerin. Die Suche nach geklauten Textpassagen in der Doktorarbeit von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) läuft jetzt auch öffentlich im Internet weiter.

Auf einer Plattform bei Google wird dazu eingeladen, an „einer kollaborativen Dokumentation der Plagiate“ mitzuarbeiten. Das Angebot wurde offenbar rege in Anspruch genommen. Denn die Seite mit dem Titel: Eine kritische Auseinandersetzung mit Karl-Theodor Freiherr zu Guttenbergs Dissertation „Verfassung und Verfassungsvertrag“ konnte wegen Überlastung am späten Vormittag zunächst nur noch schreibgeschützt aufgerufen werden. Später wurde eine zweite Webseite für die Schummel-Recherche eröffnet.

Politische Karriere in Gefahr

Nach Einschätzung des Parteienforschers Gerd Langguth ist die politische Karriere von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) durch die Täuschungsvorwürfe ernsthaft bedroht. „Sollte eine Schummelei wirklich vorliegen und durch den entsprechenden Ausschuss der Universität bestätigt werden, könnte zu Guttenberg so etwas eher das Amt kosten als eine so politisch schwerwiegende Frage wie Kundus“, sagte der Professor an der Universität Bonn dem „Handelsblatt“ am Donnerstag.

Er betonte: „Denn wenn wirklich persönliches Fehlverhalten nachgewiesen werden kann, kratzt das an der eigenen Ehre und wiegt schwerer, als Entscheidungen Dritter im Rahmen der Arbeit der Bundeswehr.“

Vorgänge dieser Art beeinträchtigen nach Langguths Ansicht auch die Koalition insgesamt. „Jede Affäre eines Regierungsmitglieds ist eine Belastung der Koalition“, sagte er. „Aber wenn jemand so etwas übersteht, ist es am ehesten der Freiherr zu Guttenberg, zumal er der CSU angehört und sich die Frage stellt, wie sich dann der unberechenbare Ministerpräsident Seehofer entscheidet.“ Halte er an zu Guttenberg fest, werde dieser „kaum wackeln“. (afp/dapd/rtr)