Essen. . Wenige Tage nach dem Sturz von Ägyptens Präsident Mubarak macht sich eine Spam-Welle breit. Im Stile der ‘Nigeria Connection’ wird die Aussicht auf angebliche Dollar-Millionen des Ägypters versprochen. Die Polizei warnt: Nicht antworten!

Er soll reicher sein als Bill Gates, aber in der Schweiz kann der gestürzte ägyptische Präsident Hosni Mubarak über sein Geld derzeit nicht verfügen. Das Land hat seine Konten vorerst gesperrt. Auch die EU berät, ob sie das mutmaßliche Milliarden-Vermögen ‘einfrieren’ soll. Die Diskussion liefert seit Jüngstem auch Stoff für Betrüger. Mehrere Tausend Internetnutzer in Deutschland haben inzwischen eine Nachricht erhalten, die an die Masche der ‘Nigeria Connection’ erinnert - und einen Anteil an Mubaraks angeblichen Dollar-Millionen in Belgien verspricht.

„Hallo, ich bin der offizielle Anwalt von Präsident Hosni Mubarak von Ägypten,bitte ich suche Ihre Hilfe, um mir zu helfen 2.5 Millionen Dollar zu sichern, die in Belgien eingefroren wurden.Reagieren Sie auf diese E-Mail, wenn Sie in der Lage sind, diese Transaktion zu verwalten. Sie werden fuer diesen Service bezahlt.“ Mit diesem Text sucht ein angeblicher „Herr Omar Sam“ derzeit in Deutschland Kontakt.

Die Polizei warnt: „Nicht antworten!“

Wer, selbst nur zum Spaß, der Aufforderung des Absenders, ein gewisser „Herr Omar Sam“, folgt und eine Antwort schickt - hat schon einen Fehler gemacht, warnt die Polizei: „Nicht antworten!“ heißt es in einer Empfehlung des Bundeskriminalamts. Und ein Sprecher in Wiesbaden erklärt auf Anfrage von DerWesten: „Wer auf solch eine Mail reagiert, hängt an der Angel der Betrüger“, wird entweder künftig von Spam torpediert oder riskiert sogar, dass Mail-Adresse oder Name mit anderen kriminellen Machenschaften verstrickt wird.

Die Nachforschungen zu den Absende-Adressen enden rasch im Daten-Nebel: Der Absender der Mail (vincenteelena@aim.com) führt zu einem Gratismail-Betreiber in den USA. Die im Text angegebene Mailanschrift zu „Herrn Omar Sam“ ist in Spanien registriert. Doch zu der Site webadicto.es sind bei der spanischen Domain-Aufsicht esnic.es keine Informationen zu finden.

Die Masche der Web-Betrüger ist seit Jahren bekannt - so bekannt, dass man beim Bundeskriminalamt längst keinen Ermitlungsschwerpunkt mehr hat, wie ein Sprecher erklärt. Doch auch in der Geschäftsstelle des Projektes Polizeiliche Kriminalprävention des Bundes und der Länder (www.polizei-beratung.de) wird vermutet, „dass jeden Tag in Deutschland jemand aufsteht, der auf die Masche reinfällt“.

Justizbehörden sind machtlos

Juristisch ist das Versenden solcher Mails zudem nicht strafbar sondern gilt als „straffreie Vorbereitungshandlung“. Auskunft der Polizei: „Da wird erst gar nicht ermittelt“. Doch auch wenn die Kontaktanbahnung gelingt und ein Adressat antwortet, gar Geld vorstreckt - oft sind Betroffenen mehrere zehntausend Euro los, der Zweck dieses Betrugs - laufen die Ermittlungen in der Regel ins Leere. Grund: Die Wege führen meist ins Ausland und dort ist die Strafverfolgung in vielen Ländern „nicht sehr erfolgversprechend“, heißt es bei der Polizei.

Die Betrugs-Masche ist dabei seit Jahren gleich: „Die angebliche Herkunft der Gelder reicht von unterschlagenem Firmenvermögen über unverhofft aufgetauchte Familienschätze, Kriegsbeute, Lotterie- oder Gewinnspiele bis hin zu angeblichen Erbschaften nach plötzlichen Todesfällen. Tatsächliche politische und gesellschaftliche Veränderungen sowie Naturkatastrophen und Flugzeugabstürze werden geschickt in die Legenden eingeflochten. Hat sich eine „Geschichte“ zu weit herumgesprochen, wird eine neue erfunden“, warnt das BKA auf einer Seite, die wohl seit fast fünf Jahren nicht mehr aktualisiert worden ist.

Ebenfalls schon angejahrt aber nach wie vor aktuell ist eine Information, die sich auf den Seiten der TU Berlin findet. Zu den typischen Merkmalen der klassischen ‘Nigeria-Connection’-Mail heißt es dort unter anderem: „Es geht um viel Geld (mehrere Mio. Dollar)“, die Schreiben sind in „fehlerhaftem Englisch oder noch schlechterem Deutsch“ verfasst, „Texte in recht gutem Englisch wirken geradezu übertrieben höflich“ und sie sind meist mit der Aufforderung verbunden „zur vertraulichen Behandlung der ‘Angelegenheit’“.

Der Trick mit dem Geld-Entfärbemittel

Wer den Köder schluckt, wird auf die stets gleiche Art abgezockt: Vor der Auszahlung des versprochenen Betrages werden in allen Fällen Provisions-, Verwaltungs- oder Versicherungsgebühren fällig, die von dem deutschen „Geschäftspartner“ gefordert werden. Hat der dann gezahlt, „verzögert sich die Auszahlung des Millionenbetrages immer wieder wegen unterschiedlichster ‘Schwierigkeiten’, die nur durch Zahlung weiterer Beträge beseitigt werden können.“ Hinzu kommt: Nicht selten werden zur Übergabe des Geldes persönliche Treffen im europäischen Ausland (bevorzugt London, Amsterdam und Madrid) arrangiert. „Seriös gekleidete Herren präsentieren dann einen Koffer mit schwarz eingefärbten „Dollarnoten“, die nur mit einer teuren Chemikalie wieder entfärbt werden können. Keine Frage, dass man angesichts des greifbar nahen Millionenbetrages leicht bereit ist, auch diese Kosten zu übernehmen.“

Beim Bundeskriminaltamt rechnet man unterdessen mit weiteren Spam-Attacken: „Es würde mich nicht wundern“, sagt ein Sprecher, „wenn da jetzt auch was mit Tunesien kommt“. Dessen gestürzter Diktator Zine el-Abidine Ben Ali soll ebenfalls über ein Milliarden-Vermögen im Ausland verfügen.