Berlin. . Die Kanzlerin hat die Forderung nach Einführung einer Frauenquote in der Wirtschaft abgelehnt - beendet hat sie Debatte darüber nicht. Nun gerät Merkel selbst in die Kritk, weil sie die „Männerlobby“ verteidige. Familienministerin Schröder wirbt weiter für ihren Plan eines Stufenplans für die Quote.
Auch nach der Absage von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an eine gesetzliche Frauenquote für Spitzenjobs hält die Diskussion über eine solche Maßnahme an: Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast kritisierte die weiterhin herrschende „Männerherrlichkeit“ in Unternehmen. Auch die Gewerkschaften wollen sich mit Merkels Machtwort nicht zufriedengeben.
Künast sagte, der geringe Frauenanteil in den Führungsetagen sei ein „permanenter Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes“. Die Politik habe den Auftrag, das abzustellen, deshalb müsse es endlich eine rechtlich bindende Frauenquote für Aufsichtsräte und Vorstände geben. Künast forderte zugleich ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft, das zum Beispiel familienfreundliche Arbeitszeiten festschreibe. Der Kanzlerin warf Künast vor, mit ihrer Absage an eine Quote „gegen die Frauen“ zu regieren statt gegen den Druck der „Wirtschafts- und der Männerlobby“ zu kämpfen.
Debatte durch „Basta“ nicht beendet
Die Frauenquote lasse sich nicht „durch ein Basta der Kanzlerin erledigen“, sagte die stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Verdi, Margret Mönig-Raane. Frauen seien nicht nur in Aufsichtsräten und Führungsgremien der Wirtschaft benachteiligt, auch ihre Löhne und Gehälter lägen im Durchschnitt mehr als ein Fünftel unter denen von Männern. Eine Regierung, „die das tatenlos hinnimmt, handelt offensichtlich verfassungswidrig“.
Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) verfolgt indes weiter einen Stufenplan zur Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen. Bis 2013 sollten große Unternehmen ohne gesetzliche Verpflichtung den Anteil von Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten verdreifachen, sagte Schröder jetzt. Wenn das nicht funktioniere, komme danach eine „gesetzliche Pflicht zur Selbstverpflichtung“. Eine „staatliche Einheitsquote“ bezeichnete die Ministerin als „verfassungsrechtlich hoch bedenklich“, weil dies in den „Kern wirtschaftlichen Handelns, nämlich in Personalentscheidungen, in Vertragsfreiheit“ eingreife.
Auch bei den Liberalen regt sich Widerstand gegen starre Quoten-Haltung
Der Frauenanteil in Vorständen großer Unternehmen liegt nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung bei 3,2 Prozent, in Aufsichtsräten bei 10,6 Prozent. Schröder hatte sich unterstützt durch das Votum der Kanzlerin mit ihrem Vorschlag einer flexiblen Quote gegen ihre Amtsvorgängerin, Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), durchgesetzt. Diese hatte sich für eine einheitliche gesetzliche Quote von 30 Prozent Frauen ausgesprochen. Wie das Magazin „Spiegel“ am Samstag vorab berichtete, übten auch führende CSU-Politiker Druck auf Merkel aus. „In der CSU gibt es für die Quote in Unternehmen keine Mehrheit“, sagte demnach Parteichef Horst Seehofer in einer Telefonschalte der Unionsführung.
In der FDP, die eine starre Quote ebenfalls ablehnt, wurden indes Forderungen nach einer parteiinternen Frauenquote laut. Nach einem Bericht des Magazins „Spiegel“ wollen liberale Frauen auf dem Bundesparteitag im Mai in Rostock einen Antrag einbringen, in dem sie eine 40-Prozent-Quote für FDP-Gremien fordern. „Die Quote abzulehnen ist überhaupt nicht mehr zeitgemäß“, sagte demnach die frühere FDP-Bauministerin Irmgard Schwaetzer. Unterstützt wird der Vorstoß auch von der FDP-Europaabgeordneten Silvana Koch-Mehrin. (afp)