Brüssel. . Die EU will auf Drängen von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner ein lückenloses Kontrollnetz gegen Futtermittelverseuchungen aufspannen. Unter anderem soll die Produktion von technischen Fetten strikt von Tierfutterfetten getrennt werden.
Die EU will auf Drängen von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner ein lückenloses Kontrollnetz gegen Futtermittelverseuchungen aufspannen. Verbraucherschutzkommissar John Dalli kündigte am Montag als Konsequenz aus dem deutschen Dioxinskandal Rechtsvorschläge an.
Aus Ungarn erhielt Aigner am Montag die Zusage, dass das Land den am Freitag verhängten Verkaufsstopp für deutsches Schweinefleisch bis zum kommenden Mittwoch überprüft. Die Kommission mahnte Budapest, die Maßnahme aufzuheben, weil sie gegen den europäischen Binnenmarkt verstoße.
Als Konsequenz aus dem Dioxinskandal will Brüssel nach Angaben Aigners in vier Punkten aktiv werden: So soll sichergestellt werden, dass die Produktion von technischen Fetten und Säuren in der EU strikt von der Produktion von Tierfutterfetten getrennt wird. Durch die Vermischung der Produkte war in der Vergangenheit Dioxin in die Futtermittelkette gelangt. Darüber hinaus soll eine lückenlose Meldepflicht für Fettproduzenten und Labore eingeführt werden. Bislang müssen nur problematische Befunde an die Behörden weitergegeben werden, und alarmierende Resultate wurden mehrfach unter den Tisch gekehrt.
Als dritter Punkt herrscht nach Angaben der CSU-Politikern Einigkeit darüber, dass ein EU-weites Dioxin-Frühwarnsystem etabliert wird. Für die Dioxinkontrolle solle ein gemeinsamer Datenpool geschaffen werden, auf den alle Behörden zugreifen können. Als vierter Schritt schließlich ist eine strenge Zulassungspflicht für Futterfettproduzenten vorgesehen. In Deutschland gibt es zwar bereits eine Registrierungspflicht, aber noch keine an strenge Auflagen geknüpfte Zulassungszertifikate.
Positivliste zu Futtermittelstoffen vom Tisch
„Über die notwendigen Maßnahmen zeichnet sich breiter Konsenz ab“, sagte Aigner auf dem Landwirtschaftsministertreffen in Brüssel. Auch die ungarische Ratspräsidentschaft will das Problem auf die Tagesordnung setzen. Wann die EU-Kommission konkrete Vorschläge präsentiert, blieb am Montag zunächst offen.
Aigner betonte, sie werde mit der Umsetzung ihres Aktionsplans nicht auf Brüssel warten. Allerdings haben nationale Regeln begrenzte Wirkung: Deutschland produziert den Großteil seiner Futtermittel zwar selbst, allerdings wurden in den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres auch 1,2 Millionen Tonnen eingeführt und 1,8 Millionen Tonnen exportiert. Das dioxinverseuchte Fett im aktuellen Skandal kam über den Umweg der Niederlande nach Deutschland.
Für eine europäische Positivliste für die Inhalte von Tierfutter setzte sich Aigner vergeblich ein. Diese wäre verbindlich nur auf EU-Ebene einzuführen, sagte sie. Dagegen äußerte Kommissar Dalli aber Vorbehalte. Auch Experten bezweifeln, ob es Sinn machen würde, eine geschlossene Liste mit erlaubten Stoffen zu erstellen, da klar sei, welche Stoffe nicht ins Futter gelangen dürften.
Geld für vom Markt genommenes Schweinefleisch?
Unterstützung kündigte Aigner für den Schweinefleischmarkt an. Durch den Dioxin-Skandal in Mitleidenschaft gezogen, ist der Preis für Schweinefleisch weiter unter Druck geraten. Belgien fordert schon seit Langem ein Eingreifen der EU. Auf dem Tisch liegt die sogenannte private Lagerhaltung. Würde sie eingeführt, erhielten Schweinelandwirte Geld für Fleisch, dass sie gar nicht verkaufen, sondern einlagern. „Viele Landwirte sind unverschuldet in eine Notlage gekommen, deswegen unterstütze ich die private Lagerhaltung“, sagte Aigner. Es wird erwartet, dass die EU-Kommission dazu in den kommenden Wochen konkrete Vorschläge macht. (dapd)