Berlin. .
Der Streit um Hartz IV geht heute in eine neue Runde. Eine schnelle Einigung im Vermittlungsausschuss ist nahezu ausgeschlossen. Erste Kompromisse deuten sich jedoch an. DerWesten zeigt, wo.
Guntram Schneider wäre „nicht überrascht“, wenn sie sich heute nicht einigen könnten. Der NRW-Sozialminister fährt ohne Illusionen zu den Verhandlungen über Hartz IV. Wie viele andere im Vermittlungsausschuss erwartet er, dass Bund, Länder und Regierung feststellen werden, was nicht geht. Der SPD-Mann machte gegenüber DerWesten klar, dass nicht die Fachpolitiker das letzte Wort haben werden, sondern das politische Führungspersonal.
Die Unterhändler haben ein Datum im Kopf, den 11. Februar. Dann tagt der Bundesrat. Die Zeit bis dahin nimmt man sich auch. Bewegung gibt es bei der FDP. Und die Union deutet an, wo die Regierung überfordert wäre. Sie hat alle Wünsche von Grünen und SPD summiert und kommt auf fünf Milliarden Euro, je zur Hälfte für einen höheren Satz und für das Bildungspaket. Das Nachbessern der Reform aber dürfe nicht teurer sein als der bisherige Entwurf, der rund 1,3 Milliarden Euro kosten sollte. Damit ist der Rahmen – zeitlich und finanziell – für das Feilschen abgesteckt. Schon lassen sich Kompromisslinien erahnen.
Beispiel Regelsätze: Die SPD stellt zwar die Berechnung der Erhöhung um fünf Euro in Frage, aber hütet sich, konkrete Summen zu nennen. Kleine Zugeständnisse sind realistisch. Die Kosten für den öffentlichen Nahverkehr könnten bei Kindern extra erstattet werden, Waschmaschinen aus dem Hartz-IV-Satz gestrichen und wie früher nach Bedarf erstattet werden.
Beispiel Bildungspaket: Zum einen sollen die Sachleistungen nicht nur den Hartz-IV-Familien, sondern auch den Kindern von Wohngeldempfängern zugute kommen. Zum anderen kommt der FDP-Chefunterhändler Jörg Bode an einem wichtigen Punkt der SPD entgegen. Anders als Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) würde Bode die Verteilung der Leistungen den Kommunen überlassen. Bei der Agentur für Arbeit sollten nach von der Leyens Plänen 1300 zusätzliche Stellen entstehen: für 200 Millionen Euro. Viele Unions-Länder – und die SPD – wollen das Geld sparen. „Das ist ein Fortschritt“, so Schneider. Die NRW-Regierung hat es vom Verfassungsrechtler Ulrich Battis prüfen lassen. Juristisch spräche nichts dagegen, die Kommunen in die Pflicht zu nehmen. Mit von der Leyen hatte sich die FDP nicht abgestimmt. Nichts sei entschieden, „alles ist im Fluss“, heißt es im Ministerium. „Das wird von Frau von der Leyen blockiert“, klagt SPD-Vizechefin Manuela Schwesig gegenüber DerWesten. „Wir wollen, dass das Bildungspaket unbürokratisch umgesetzt wird.“
Beispiel - die SPD-Forderung nach einem Sozialarbeiter für jede Schule: Ein Einstieg des Bundes und der schrittweise Ausbau der Schul- und Jugendsozialarbeit ist nicht ausgeschlossen. Bei der Union heißt es, eine starre Regelung mache keinen Sinn.
Beispiel Mindestlöhne: Bei der Zeit- und Leiharbeit fordert die SPD „gleichen Lohn für gleiche Arbeit“. Die FDP wollte erst nach zwölf Monaten gleich entlohnen. Nun deuteten Liberale an, dass sie eine Frist von sechs Monaten akzeptieren würden. „Reicht nicht“, sagt Schneider. Es könne noch keine Einigung geben, Union und FDP müssten erst ihre Reihen schließen.
Klingt alles nach Wiedervorlage am – 11. Februar.