Die NRW-Verfassungsrichter haben den Haushalt der der rot-grünen Minderheitsregierung gestoppt und ihr damit eine herbe Krise beschert - von der zum jetzigen Zeitpunkt nur eine Partei profitieren könnte
Die rot-grüne Minderheitsregierung erlebt ihre erste handfeste Krise. Die Verfassungsrichter sind Ministerpräsidentin Hannelore Kraft gehörig in die Parade gefahren. Und noch ist nicht absehbar, wie weit die Konsequenzen reichen.
So viel ist aber sicher: Auch wenn die Entscheidung der Richter, den Nachtragshaushalt 2010 zu stoppen, nur vorläufig ist und noch kein endgültiges Urteil darstellt – für Kraft kann es in Sachen Schuldenpolitik nach dem gestrigen Tag kein einfaches „Weiter so“ geben. Ein neuer Kurs, der die Konsolidierung der Landesfinanzen klar in den Vordergrund stellt, ist unumgänglich. Sonst droht Rot-Grün beim Haushalt für 2011 die nächste Schlappe in Münster. Und dies wäre das Ende der Regierung.
Der Versuch, den Ball flach zu halten
Vertreter von SPD und Grünen in Düsseldorf waren gestern bemüht, den Ball flach zu halten: keine Krisentreffen, stattdessen demonstrative Gelassenheit. Das durfte man erwarten. Auffälliger war dagegen schon die Zurückhaltung von CDU und FDP, denen die Schlappe der ohnehin fragilen Minderheitsregierung doch eigentlich eine Steilvorlage liefern müsste. Forderungen nach Neuwahlen? Fehlanzeige.
Christdemokraten wie Liberale haben wenig Interesse an baldigen Wahlen im Lande. Bei der CDU müssten viele Abgeordnete, die letzten Mai nur knapp den Sprung in den Landtag schafften, um ein neues Mandat bangen. Und die FDP, in Umfragen bei drei Prozent, könnte ganz außen vor bleiben. Das Gleiche gilt für die Linkspartei.
Stellt sich die Frage: Was will Rot-Grün? Die Grünen könnten nach Lage der Dinge bei Neuwahlen mit einem satten Stimmenplus rechnen. Doch will die SPD einen erstarkten Koalitionspartner auf Augenhöhe? Gut möglich, dass Grünen-Frontfrau Sylvia Löhrmann ihre Partnerin Hannelore Kraft von der SPD schon bald in Neuwahlen drängt. Bereits bei der Entscheidung für eine Minderheitsregierung im Sommer waren die Grünen die treibende Kraft. Nicht ausgeschlossen, dass die rot-grüne Koalition vor einer Machtprobe steht.
Fazit: Rot-Grün ist deutlich geschwächt. Noch hat Hannelore Kraft mehrere Optionen zum Weiterregieren, doch sie muss ihre Schuldenpolitik drastisch korrigieren. Beim Haushalt 2011 kommt es zum Schwur. Die Opposition muss Kraft kaum fürchten, wirkliches Interesse an Neuwahlen haben derzeit nur die Grünen.