Düsseldorf. .
Die FDPin NRW gibt ihre Fundamental-Opposition auf und geht auf die rot-grüne Landesregierung zu. Der bisherige Partner CDU fühlt sich vor den Kopf gestoßen und packt verbal die Giftpfeile aus.
Der plötzliche Flirt der NRW-FDP mit der rot-grünen Minderheitskoalition trifft in der CDU auf völliges Unverständnis. „Die FDP begeht Selbstmord aus Angst vor dem Tod“, sagte CDU-Generalsekretär Oliver Wittke gegenüber DerWesten. Offenbar machten sich einzelne FDP-Politiker wegen schlechter Umfragen mehr Sorgen um ihre persönliche Zukunft als um inhaltliche Grundsätze.
FDP-Fraktionschef Gerhard Papke, bislang ein rigoroser Fundamental-Blockierer von rot-gelb-grünen Ampel-Spekulationen, hatte die Tür für neue Koalitionsgespräche vorsichtig geöffnet. Es sei schädlich, dass die Linkspartei „heimlich mit am Kabinettstisch“ sitze, warnte Papke. Deshalb will sich die FDP neuen Koalitionsüberlegungen nicht versagen - falls Rot-Grün in der Wirtschafts- und Bildungspolitik auf die FDP zugeht. Als Zeichen des guten Willens hatte FDP-Generalsekretär Joachim Stamp Bewegung in der Schulpolitik angedeutet. „Die FDP ist nicht dogmatisch“, warb Stamp.
Rot-grüne Regierung skeptisch
Der neue FDP-Landeschef Daniel Bahr sucht in der liberalen Krise - jüngste WDR-Umfrage: nur noch vier Prozent - einen Rettungsanker fürs Überleben. Die FDP betreibe keine Fundamental-Opposition, schlug Bahr neue Töne an.
CDU-Generalsekretär Wittke, dem der alte Partner verloren geht, ist sich bewusst, dass es keine Koalition in der Opposition gibt. Wittke erinnerte die Liberalen aber an die rot-grüne Schuldenmacherei, an die grüne Industriefeindlichkeit und deren ökologische Energiepolitik. Für CDU-Politiker scheint der Gedanke abenteuerlich, dass die tief zerstrittenen Liberalen und Grünen inhaltlich paktieren könnten.
Auch führende Politiker von SPD und Grünen bleiben skeptisch. Offenbar fürchteten die Liberalen bei möglichen Neuwahlen um den Wiedereinzug ins Parlament, glaubt SPD-Generalsekretär Michael Groschek. Grünen-Landeschef Sven Lehmann, in dessen Partei die Abneigung gegenüber den Liberalen stark ausgeprägt ist, erinnerte daran, dass die FDP bisher alle Angebote zur Kooperation in den Wind geschlagen habe. „Ohne Inhalte geht bei uns nichts.“
Grüne wollen Neuwahlen
FDP-Landeschef Bahr drängt aber darauf, den Liberalen neue Machtoptionen zu erschließen. Die FDP ist enttäuscht über die CDU, die sich nach der verlorenen Wahl mit einem kurzen Federstrich vom Koalitionsmotto „Privat vor Staat“ verabschiedet hatte. Auch im Bund nimmt die CDU kaum noch Rücksicht auf den Partner FDP. Dessen Steuersenkungs-Pläne spielen bei der CDU keine Rolle.
Für Grünen-Fraktionschef Reiner Priggen bleiben die liberalen Lockerungsübungen in NRW aber nur ein rein taktisches Manöver. Schließlich spreche Bahr weiter von einer „gesunden Abneigung gegen die Grünen“. CDU-Generalsekretär Wittke hält die neue Koalitionsdebatte schlicht für Unsinn. „Wir sollten uns in der Opposition mit der unseriösen Finanzpolitik in NRW befassen, statt zur Unzeit über mögliche Partner zu reden.“
Derweil erhöht die grüne Schulministerin Sylvia Löhrmann den Druck auf die SPD, in NRW Neuwahlen anzusetzen. Die Grünen versprechen sich davon eine Mehrheit für ein rot-grünes Bündnis mit starken Grünen. NRW- Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) zögert aber. „Sollbruch-Stelle“ der Minderheitsregierung könnte der Haushalt 2011 sein. Scheitert Rot-Grün im Landtag, stünden Neuwahlen in NRW an.