Teresópolis. .
Nach der Unwetterkatastrophe in Brasilien ist die Zahl der Toten auf mehr als 600 gestiegen. Zahlreiche weitere Opfer werden befürchtet. Doch die Rettungsbemühungen werden durch anhaltende Regenfälle erschwert.
Nach der Unwetterkatastrophe in Brasilien ist die Zahl der Toten auf mehr als 600 gestiegen. Mindestens 610 Tote wurden bisher bestätigt, wie die Behörden mitteilten. Zahlreiche weitere Opfer wurden befürchtet, da die Einsatzkräfte in etliche entlegene Orte, die von den verheerenden Schlammlawinen und Erdrutschen betroffen waren, noch nicht vordringen konnte. Die Rettungsbemühungen wurden durch anhaltende Regenfälle im Bergland von Rio de Janeiro erschwert. Am heutigen Sonntag wurden erneut heftige Gewitter befürchtet.
Unterdessen machte sich unter den Einwohnern der mit am schlimmsten betroffenen Stadt Teresópolis Wut auf die Regierung breit. „Wo ist die Regierung? Worauf warten sie?“, klagte ein 48-jähriger Bauarbeiter, dessen Schwager und Schwägerin vermisst wurden. Der Familienvater Fernando Perfista musste die Leiche seines ältesten Kindes allein aus dem Schlamm bergen. Der 31-jährige Erntehelfer bewahrte die Überreste seines Sohnes im Kühlschrank auf, damit die Hunde nicht über sie herfielen, während er nach den drei Geschwistern des 12-Jährigen suchte. Augenzeugen berichteten, dass die wenigen eingesetzten Hubschrauber nur die Verletzten mitnähmen und keine Leichensäcke, Lebensmittel oder Wasser brächten.
In einer Notunterkunft in Teresópolis notierten Freiwillige die Namen der Überlebenden. Die Listen wurden an den Wänden aufgehängt. Vor ihnen drängten sich verzweifelte Menschen in der Hoffnung, den Namen eines Angehörigen zu entdecken. Es seien kriegsähnliche Zustände, beklagte einer der 163.000 Einwohner der Stadt, die rund 90 Kilometer von Rio de Janeiro entfernt liegt, der Hauptstadt des gleichnamigen Staates.
Verheerendste Naturkatastrophe seit 1967
Margareta Wahlström, UN-Beauftragte für Risikoverminderung bei Naturkatastrophen, kritisierte die brasilianische Regierung, keine ausreichenden Vorkehrungen getroffen zu haben. „Diese Art von Tragödie muss nicht passieren“, sagte sie in Genf während eines Telefoninterviews. Die Regierung hätte ein Frühwarn- und Notfallsystem einrichten müssen.
Der Zivilschutz des Staates Rio teilte auf seiner Website mit, dass in Teresópolis mindestens 263 Menschen getötet worden seien, 274 im benachbarten Nova Friburgo, 55 in Petrópolis sowie 18 in der Stadt Sumidouro.
In Brasilien kommt es während der Regenzeit oft zu Überschwemmungen und Erdrutschen. Nach Angaben des in Brüssel ansässigen Instituts Internationale Katastrophen-Datenbank handelt es sich bei den jüngsten Unwettern jedoch um die verheerendste Naturkatastrophe seit den Überschwemmungen und Erdrutschen im Jahr 1967. Damals kamen 785 Menschen ums Leben. (dapd)