Die Regierung verlängert das Bundeswehr-Mandat und setzt beim Afghanistan-Einsatz alte Fehler fort.
Deutschlands Krieg in Afghanistan leidet seit Beginn, seit zehn Jahren also, an einer Vielzahl von Defiziten. Fehlende Aufrichtigkeit der Regierenden gehört bis heute dazu. Um den Kitt im christlich-liberal-sozialdemokratischen Afghanistan-Bündnis nicht noch poröser werden zu lassen, hat die Regierung eine Abzugperspektive für die Bundeswehr beschlossen, die auf dünnem Eis steht. Niemand kann heute solide einschätzen, ob es ab Ende 2011 oder Anfang 2012 im deutschen Verantwortungsbereich die Lage erlaubt, eine substanzielle Aufgabe des Militärischen einzuleiten und bis spätestens 2014 abzuschließen. Dass die Termine dennoch festgeschrieben wurden, kann von den regional vereinzelt und vorübergehend zerriebenen Taliban als sachdienlicher Hinweis verstanden werden, bis dahin die Füße still zu halten und neue Kräfte zu sammeln.
Die Bundeswehr muss bleiben, um ihren Auftrag zu beenden
Was aber, wenn die Aufständischen nach einem Teil-Abzug der Bundeswehr in einem Jahr umso entschlossener zurückschlagen und gemeinsam mit Drogen-Baronen und anderen Groß-Kriminellen den ethnisch gerade dafür anfälligen Norden in einen zermürbenden Bürgerkrieg quälen? Die Hoffnung, dass Quantität und Qualität der afghanischen Armee und Polizei bis dahin ausreichen können, selbst der Lage Herr zu werden, ist allen Ausbildungsrekord-Bilanzen zum Trotz wirklichkeitsfremd. Dazu müsste die Regierung Karsai ernsthafte Anzeichen für den Aufbau eines Staatsapparats bis in die letzte Provinz erkennen lassen, der in einem umfassenden Sinn nationale Sicherheit über Willkür, Korruption und Stammes-Proporz setzt. Das Gegenteil ist heute der Fall.
Wer in dieser widrigen Gemengelage militärische Präsenz mit einem innenpolitisch motivierten Enddatum versieht, droht die zahlreichen erfolgreichen Ansätze für ein besseres Afghanistan wieder zu verspielen. Aufrichtig wäre es, dem Wähler in einem Mandat zu unterbreiten: „Die Bundeswehr muss solange gemeinsam mit den anderen Truppen am Hindukusch bleiben, bis die afghanische Polizei und das Militär die Sicherheit überall im Lande wenigstens einigermaßen selbst gewährleisten können und ein Mindestmaß an politischer Stabilität in die von Terror-Nestern durchsetzte Region eingezogen ist. Wann genau das sein wird, kann heute ehrlicherweise niemand sagen.“ Ob sich mit solcher Ehrlichkeit Wahlen gewinnen lassen, wird man dann sehen. Mit Abzugsterminen, die am Ende aller Voraussicht nach doch nicht zu halten sein werden, machen sich Regierung und Parlament jedenfalls nur noch weiter unglaubwürdig.