Für Europa und den Euro geht ein ziemlich gruseliges Jahr zu Ende. Ein Krisengipfel jagte den nächsten, und zum Jahreswechsel schaut Europa auf eine Währungsunion, die man sich am Anfang des Jahres so nicht hätte träumen lassen. Ob Joschka Fischer recht behält mit seiner Analyse, dass es vielleicht gerade die Katastrophen sind, die Europa richtig voran bringen?
Die EU hat beschlossen, den Euro zu verteidigen, und zwar um jeden Preis. Alles andere sei „alternativlos“. Was natürlich nicht stimmt, von der Politik aber so verkauft wird, weil sie sich fürchtet vor dem politischen Unwetter, das über Europa heraufziehen würde, entließe man Griechenland oder Irland oder Spanien zeitweise aus dem Euro.
Der scheinbare Ausweg: Eine gemeinsame europäische Wirtschaftsregierung soll her. Damit verabschiedete sich die politische Klasse vergangene Woche in die Winterpause. Und legt dem Volk ein Überraschungspaket unter den Weihnachtsbaum. Was soll das heißen, eine gemeinsame europäische Wirtschaftsregierung? Wie soll eine zentralisierte Wirtschaftspolitik die unterschiedlichen Ökonomien besser aneinander angleichen? Das funktioniert nur, wenn gleichzeitig eine gigantische Umverteilung in Gang kommt. Wenn die Staaten nationale Haushaltspolitik ebenso ein Stück weit abgeben wie große Teile der Sozialpolitik.
Ein Blick in die Zukunft: Deutschland hebt das Rentenalter auf 69 Jahre an, muss gleichzeitig damit rechnen, dass die Steuern steigen, weil Brüssel sich die Angleichung der Lebensverhältnisse in Europa vorgenommen hat. Um keine Revolutionen auszulösen, gibt man den Hellenen mehr Zeit, das Rentenalter anzuheben. Zugleich setzen sich die Franzosen mit ihrer These durch, dass die moderaten Lohnerhöhungen in Deutschland die Wettbewerbsfähigkeit der teutonischen Exportindustrie zu Lasten anderer Länder erhöht hat. Die Gewerkschaften nehmen die Schützenhilfe dankbar auf, setzen acht Prozent mehr Lohn in Deutschland durch. Die Arbeitslosigkeit steigt, die Sozialbeiträge in der Folge auch. Der Wohlstand in Deutschland sinkt, in den südlichen Euro-Ländern wächst er.
Fazit: Ja, die Deutschen profitieren derzeit am meisten vom Euro. Deshalb sollen sie die höchsten Preise für den Erhalt bezahlen? Nicht nur ein Auseinanderfallen der Währungsunion hat Sprengkraft. Eine Verlagerung demokratischer Rechte nach Brüssel ist mindestens genauso explosiv.