Die Proteste der Studenten sind nachvollziehbar. Mit der Umstellung auf die Bachelor- und Master-Abschlüsse haben Politik und Hochschulen dafür gesorgt, dass der Druck auf die Studenten massiv gestiegen ist. Die Refomen und mangelnde Finanzen sind Ursache dafür, dass sich die Bildungskluft vertieft.

Prof. Dr. Michael Hartmann, Soziologe und Elitenforscher an der TU Darmstadt
Prof. Dr. Michael Hartmann, Soziologe und Elitenforscher an der TU Darmstadt © privat

Die politische Vorgabe ist, den Bachelor als Regelabschluss einzuführen und nur 30 bis 50 Prozent zum Master zuzulassen. Es wollen aber etwa 80 Prozent der Studenten den Master machen. Und die starre Vorgabe, der Bachelor dürfe maximal sechs Semester umfassen, führt dazu, dass sehr viel Stoff in diese drei Jahre gepresst werden muss.

Der Unmut hat sich lange aufgestaut. Der Protest hätte aber noch an Durchschlagskraft gewonnen, wenn sich Schüler und Studenten auf wenige Kernthemen konzentriert hätten. Überdies haben die Veranstalter das Pech, dass der Protest in die Zeit der Finanzkrise fällt. Die überstrahlt alles.

Einmischung erwünscht

Zwar gehen Politiker mit dem Bildungsthema hausieren, doch das nehme ich nicht mehr ernst. Von der Schule bis zur Uni ist das Bildungssystem noch selektiver geworden. Eine Empfehlung fürs Gymnasium erreichen Akademikerkinder immer noch viel leichter als Arbeiterkinder. Seit Pisa ging die Schere noch weiter auf. Die verkürzte Oberstufe (G8) hat den Aufstieg von der Realschule aufs Gymnasium erschwert. Die Hochschullandschaft differenziert sich immer stärker in Elite-Unis mit hohen Förderzuwendungen und den großen Rest. Auch Studiengebühren haben die Bildungskluft vertieft. Dennoch rate ich jungen Menschen zu einem Studium. Und ich fordere die Studenten auf, sich in die Diskussion um eine Reform der Bachelor-Studiengänge einzumischen. Ohne Druck von unten passiert gar nichts.

Stimmen von Studenten