Rom. .

Am heutigen Dienstag entscheidet sich die politische Zukunft des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. Am Montag kämpfte er um sie. Dabei ist der 13. Dezember für ihn kein gutes Datum. Doch die erste Hürde hat er schon genommen.

Eigentlich ist es ein Unglücksdatum. Am 13. Dezember 2009 wurde Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi Opfer eines psychisch Gestörten in Mailand. Der Mann warf dem Ministerpräsidenten, Medienzar und Millionär eine Dom-Miniatur ins Gesicht und schlug ihn krankenhausreif. Doch Berlusconi ist nicht abergläubisch. An diesem 13. Dezember setzt der Regierungschef sogar trotzig alles auf eine Karte und heischt um Vertrauen in Roms Parlament.

„Ich bin guter Laune und optimistisch“, lässt er wissen. Morgens im Senat, nachmittags im Abgeordnetenhaus. Die erste Hürde hat er schon genommen: Berlusconi hat die Vertrauensfrage im Senat erwartungsgemäß gewonnen. Die Kammer sprach der Regierung am Dienstag mit 162 von 308 Stimmen das Vertrauen aus. Doch im Abgeordnetenhaus wackelt seine Mehrheit schwer – trotzdem er lacht und gibt sich siegesgewiss wie immer. Und könnte guten Grund dazu haben. „Politischer Irrsinn“ sei es, eine Krise im Dunkeln eröffnen zu wollen, appelliert er an abtrünnig gewordene Parlamentarier: „Vor allen anderen Dingen sind wir dazu aufgerufen, konstruktiv zu kooperieren, um dem Vertrauen der Wähler gerecht zu werden.“

Die Stunde X wird am heutigen Dienstag mit dem entscheidenden Votum im Abgeordnetenhaus folgen. Ja oder nein zu Berlusconi und seiner Regierung? Im Vorfeld gibt es viele Prognosen. Doch am Montag schält sich eine einzige heraus. Er werde es wohl mit einer winzigen Stimmenmehrheit wieder schaffen, heißt diese. Ein seit Wochen dominierendes Szenario erscheint bereits überholt.

Vorwurf: Missachtung von Wahlversprechen

Zum Misstrauensvotum kommt es, weil Kammerpräsident Gianfranco Fini im Sommer die von ihm mitgegründete Berlusconi-Partei „Volk der Freiheit“ verließ und mit seinen Anhängern die neue Parlamentsgruppe Fli bildete. Seither hat die Mitte-Rechts-Regierung nur noch im Senat, der zweiten Kammer, eine Mehrheit. Fli wirft dem Regierungschef Missachtung von Wahlversprechen und mangelnden Reformwillen in seiner zweieinhalbjährigen Amts­zeit vor. Und vor allem zu viel Egozentrik, um lieber eigene, seinen noch laufenden Korruptions- und Betrugsprozessen nutzende Gesetze durchzubringen. Italien leide und die Wirtschaft stagniere, so die weiteren Argumente Finis, mit denen er auch bei der Opposition Anklang findet.

„Und wenn überhaupt, will ich im Parlament geschlagen werden“, hatte Berlusconi immer wieder gekontert. Und gemeinsam mit seinem getreuen Partner Lega Nord mit Neuwahlen für den Fall einer Niederlage gedroht.

Vorwurf der Bestechung

Am heutigen Dienstag steht also die Stunde X bevor. Heiße Diskussionen sind noch im Gange, um potenzielle Überläufer vom Gegenteil zu überzeugen. Doch Berlusconi wird wohl Berlusconi folgen, mit oder ohne formalem Rücktritt, an der Spitze einer vielleicht auf Parteien der Mitte erweiterten Regierung. Das er­scheint zusehends wahrscheinlicher. Warum er wieder wie so oft in Rom den letzten Schachzug haben könnte? Der 74-Jährige habe sich offenbar – es ist Tagesgespräch in Rom – Abgeordnete gekauft, heißt es. Einige oppositionelle „Ehrenwerte“, so die Anrede für Italiens Abgeordnete, sollen auf die Lockvögel hereingefallen sein.

Tilgung von Hauskrediten, Beraterverträge bis zu 500 000 Euro sollen da laut Medienenthüllungen versprochen worden sein. Die Staatsanwaltschaft ermittelt – doch bis zur heutigen Abstimmung wird sie kaum fündig werden. Und so könnte Berlusconis Kalkül aufgehen.

Weil er noch mit Überläufer-Kandidaten verhandelte, traf der Regierungschef am Montag spätnachmittags sogar verspätet zu seiner Vertrauensdebatte im Abgeordnetenhaus ein. (Mit Material von afp)