Berlin..

Blitzbesuch in Afghanistan: Wenige Tage vor Weihnachten reist Verteidigungsminister zu Guttenberg zur deutschen Truppe. Erstmals mit dabei seine Frau Stephanie. Hannelore Kraft wirft ihm vor, die Soldaten zu instrumentalisieren.

Die Opposition hat den gemeinsamen Truppenbesuch von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg und seiner Ehefrau Stephanie in Afghanistan scharf kritisiert. „Die Soldaten werden für die Show des Ministers instrumentalisiert“, bemängelte der SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels im „Tagesspiegel“. Er sprach von einer befremdlichen Inszenierung.

Auch NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft übt scharfe Kritik an dem Blitzbesuch: „Wenn Politik zur Inszenierung wird, steigert das die Politikverdrossenheit der Bürgerinnen und Bürger”, sagte Kraft den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe. "Das gilt ganz besonders im Zusammenhang mit dem gefährlichen Einsatz unserer Soldaten in Afghanistan.” Der Minister wurde auf dem Besuch von seiner Ehefrau Stephanie begleitet. Zum Minister-Tross gehört auch der Talkmaster Johannes B. Kerner, der in Afghanistan eine Talkshow mit zu Guttenberg aufzeichnen will. Da zu erklärte Kraft gegenüber der WAZ weiter: „Es passt einfach nicht, wenn sich Möchtegern-Kanzlerpaare mit großem Pomp in Szene setzen wollen.”

Auch SPD-Fraktionsmanager Thomas Oppermann spottet: Die inszenierten Auftritte seien "unpassend", sagte er im Gespräch mit der WAZ-Mediengruppe. "Taliban und Talkshows passen nicht zusammen", so Oppermann. . Er hoffe, "dass der Auftritt von Gutenbergs Glamourtruppe unsere Soldaten nicht von der Bekämpfung der Taliban abhält." Der Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour erklärte, es sei Guttenbergs eigene Entscheidung, ob er aus dem Truppenbesuch vor Heiligabend einen Familienausflug mache. „Allerdings läuft er Gefahr, dass er die Risiken im Einsatzgebiet stark banalisiert“, sagte er Reuters am Montag.

Bundeswehr als Kulisse

Kritik kam auch vom Fraktionschef der Linken, Gregor Gysi. “Die ministerielle PR-Aktion mit Gattin und Talkshow-Tross verbessert weder die Lage im Land, noch macht sie den von der klaren Mehrheit der Deutschen abgelehnten Bundeswehreinsatz richtig“, sagte Gysi dem „Tagesspiegel“. Afghanistan sei das letzte Land, das sich für Showbusiness und Entertainment eigne.

Auch der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Arnold, reagierte verärgert auf die unübliche Mitreise der Ministergattin ins Kriegsgebiet. „Guttenberg nutzt die Bundeswehr als Kulisse und Dekoration für seine Inszenierungen“, sagte er der „Mitteldeutschen Zeitung“. Langsam gehe dem Minister jegliches Gespür dafür ab, wo die Grenzen seien.

In Parlamentskreisen wurde zudem kritisiert, dass Bundestagsabgeordnete teils seit Jahren vergeblich versuchten, an den Hindukusch zu den deutschen Truppen zu reisen. „Dabei sind die Abgeordneten diejenigen, die über den Einsatz der Bundeswehr entscheiden“, hieß es. Außerdem hätten die Bundestagsabgeordneten im Gegensatz zur Ministergattin ein Mandat.

Kerner zeichnet Talkshow auf

Guttenbergs Frau Stephanie wollte in Afghanistan nach Angaben des Verteidigungsministeriums ein Lazarett besuchen und sich vor allem mit Soldatinnen austauschen. Mit dem Ehepaar Guttenberg traf am Montag auch der Sat.1-Moderator Johannes B. Kerner in Afghanistan ein, der am Hindukusch eine Talkshow mit dem Minister und Soldaten aufzeichnen wollte. Außerdem waren die CDU-Ministerpräsidenten Niedersachsens und Sachsen-Anhalts mit an Bord, David McAllister und Wolfgang Böhmer.

Sie seien an den Hindukusch geflogen, um den Soldatinnen und Soldaten im vornherein frohe Weihnachten zu wünschen, sagte die 34-jährige Ministergattin nach ihrer Ankunft in Kundus dem Sender RTL. Sie und ihr Mann hätten ihren Kindern die Reise in das Kriegsgebiet damit erklärt, dass es viele Soldaten gebe, die ganz allein ohne Familie Weihnachten feiern würden. Es ist das erste Mal, dass ein Verteidigungsminister in Begleitung seiner Ehefrau an den Hindukusch reist. Die Soldaten in Kundus reagierten begeistert auf den Auftritt von Stephanie zu Guttenberg, die ihrem Mann klar die Schau stahl.

Im Vorfeld des Afghanistan-Berichts

Stephanie zu Guttenberg war zuletzt mit ihrer Kinderschutzorganisation „Innocence in Danger“ in die Kritik geraten. Den in Medienberichten erhobenen Vorwurf der mangelnden Transparenz bei der Verwendung von Spendenmitteln wies sie jedoch zurück. Außerdem war ihre Mitwirkung an der RTL2-Sendung „Tatort Internet“ kritisiert worden.

Die Reise der Guttenbergs fällt zeitlich zusammen mit anstehenden Entscheidungen über eine Fortsetzung des umstrittenen Afghanistan-Mandats der Bundeswehr. Die Bundesregierung legt diese Woche einen „Fortschrittsbericht“ zur Entwicklung in Afghanistan vor. Darin wird für Ende 2011 oder Anfang 2012 der Abzug der ersten Bundeswehr-Soldaten in Aussicht gestellt. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) will am Donnerstag eine Regierungserklärung zur Lage in Afghanistan abgeben. (ts/rtr)