Mannheim. .

Der Prozess um Wettermoderator Kachelmann wird zunehmend zur Publikums-Show. Verteidiger Schwenn fordert jetzt die Durchsuchung der Redaktionen von „Focus“ und „Bunte“. Der Verdacht: Die Magazine sollen Zeuginnen gekauft haben.

Nach dem Verteidigerwechsel von Jörg Kachelmann kommt der Prozess aufgrund wechselseitiger neuer Beweisanträge von Verteidigung und Staatsanwaltschaft nur schleppend voran. Der Ton zwischen dem neuen Verteidiger Johann Schwenn und Staatsanwalt Lars-Torben Oltrogge vor dem Landgericht Mannheim wird zunehmend gereizt. Auch die 5. Große Strafkammer wurde am Mittwoch von Schwenn harsch kritisiert: „Es ist an der Zeit, dass das Gericht etwas Distanz zur Linie der Staatsanwaltschaft einnimmt“, ermahnte Schwenn die Richterbank. Aber auch den früheren Verteidiger Reinhard Birkenstock kritisierte Nachfolger Schwenn inzwischen in öffentlicher Hauptverhandlung. Nur das Publikum reagiert zunehmend belustigt.

Am Mittwoch beantragte der neue Kachelmann-Verteidiger zunächst die Durchsuchung der Redaktionsräume der Magazine „Focus“ und „Bunte“. Es bestehe der Verdacht, dass dort die Zeuginnen bezahlt und beeinflusst wurden, die im Prozess aussagten. Es wundere ihn sehr,“dass die Verteidigung das bisher nicht gesehen hat“, teilte Schwenn in Richtung seines Vorgängers Birkenstock aus. Auch die Schweizer Zeugin, die laut der neuesten Ausgabe von „Focus“ den angeklagten Kachelmann wegen gewalttätiger Übergriffe belasten soll, ist nach Meinung der Verteidigung bezahlt.

Gelächter im Publikum

Die Entscheidung über eine Durchsuchung wurde zurückgestellt, weil Schwenn seinen Antrag nur in einem Exemplar vorlegte. Die Staatsanwaltschaft will den Antrag erst lesen und die rechtlichen Fragen prüfen. Diese Verzögerung wurde wiederum von der Verteidigung kritisiert. Die Staatsanwaltschaft müsse die Rechtslage kennen, sagte Schwenn.

Auf offene Konfrontation ging der Anwalt auch zum Rechtsbeistand des Therapeuten, der am Mittwoch erneut als sachverständiger Zeuge erschien. Nachdem der Heidelberger Professor Günter Seidler am vergangenen Freitag auf Antrag der Verteidigung seinen Koffer geöffnet und neben zwei Kalendern, Fachbüchern und handschriftlichen Aufzeichnungen auch eine Brotdose überreicht hatte, nahm er sich am Mittwoch einen Anwalt mit. Den pensionierten Richter Wolfgang Steffen, der inzwischen eine Anwaltszulassung hat, bezeichnete Schwenn als „jungen Kollegen“ und fragte ihn nach dem Grund seiner Anwesenheit. Als Steffen erwiderte, Schwenn wolle den „weltberühmten“ Traumatologen Seidler als Zeugen „fertigmachen“, sagte Schwenn, von Weltruhm sei ihm nichts bekannt. Das Publikum im Saal 1 des Landgerichts reagierte zunehmend mit Gelächter auf die Auftritte.

Gegen Mittag begann dann die Vernehmung des Therapeuten unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Schwenn kündigte für den Mittwoch noch weitere Erklärungen an. Die Öffentlichkeit müsse nicht denken, es sei „Feierabend“. (dapd)