Berlin..

Die SPD-Spitze hat Forderungen aus den eigenen Reihen nach einer Kürzung des Kindergeldes in scharfer Form zurückgewiesen. Der Kindergeld-Vorstoß sei „absolut kontraproduktiv“, sagte Generalsekretärin Andrea Nahles.

Die SPD-Spitze hat Forderungen aus den eigenen Reihen nach einer Kürzung des Kindergeldes in scharfer Form zurückgewiesen. Der Vorschlag von führenden Vertretern des rechten und des linken SPD-Flügels sei nicht die Position der Partei, sagten Generalsekretärin Andrea Nahles und Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier am Dienstag in Berlin. Sie wandten sich zudem gegen den Vorschlag, den Spitzensteuersatz auf 60 Prozent anzuheben.

Der Kindergeld-Vorstoß der Sprecher des rechten und des linken Parteiflügels, Garrelt Duin und Björn Böhning, sei „absolut kontraproduktiv“, sagte Nahles vor Journalisten in Berlin. Steinmeier sagte nach Beratungen mit seinen Länderkollegen, mit ihm werde es keine Kürzung des Kindergeldes geben. Er rate den Kritikern, sich mehr „um das Profil der SPD, statt um das eigene Profil zu kümmern“.

Steinmeier: Zunächst Recht auf Kindergartenplatz umsetzen

Duin, der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD ist, sagte der „Frankfurter Rundschau“ vom Dienstag: „Wenn wir das Kindergeld um 30 Euro kürzen, könnten wir damit massiv in Kinderbetreuung und Ganztagesschulen investieren“. Das höchste Maß an Gerechtigkeit sei nicht durch höhere Transfers, sondern durch den Ausbau der sozialen Infrastruktur zu erreichen.

Der Sprecher der SPD-Linken, Björn Böhning, unterstützte den Vorstoß Duins. „Die letzte Kindergelderhöhung hat viel Geld gekostet und sozialpolitisch nichts gebracht“, sagte er dem Blatt. Zudem machte sich Böhning, der dem SPD-Vorstand angehört, für eine gesetzliche Kita-Pflicht stark. Dazu sagte Steinmeier, es müsse zunächst das Recht auf einen Kindergartenplatz umgesetzt werden, bevor über Pflichten gesprochen werde.

Nahles und Steinmeier machten ungeachtet ihrer Kritik an dem Vorstoß aber deutlich, dass künftig der Ausbau von Kindertagesstätten und Schulen durchaus Vorrang vor einer Erhöhungen des Kindergeldes haben könne.

Grüne wollen Ehegattensplitting „abschmelzen“

Kritik an Duin und Böhning kam auch von den Grünen. „Das Kindergeld gegen den Ausbau von Kitas auszuspielen ist grundfalsch“, erklärte die Grünen-Familienexpertin Katja Dörner. „Die materielle Absicherung von Kindern zu gewährleisten und über gute Kita-Plätze allen Kindern Bildungschancen zu eröffnen, gehören zusammen.“ Mehr Geld für die Kitas könne durch „ein deutliches Abschmelzen des Ehegattensplittings“ gewonnen werden.

Auch der Städte- und Gemeindebund wandte sich gegen eine Kindergeldkürzung. „Sie wäre nicht gerecht und würde die Familien, die wir doch gerade fördern wollen, enttäuschen“, sagte Verbands-Geschäftsführer Gerd Landsberg zu Handelsblatt Online. „Eine Kürzung des Kindergeldes ist in Deutschland nicht mehrheitsfähig.“

Keine Erhöhung des Spitzensteuersatzes

Nahles und Steinmeier stellten sich auch gegen den bereits am Montag bekannt gewordenen Vorschlag des hessischen SPD-Partei- und Fraktionschefs Torsten Schäfer-Gümbel, auf Jahreseinkommen von mehr als 250.000 Euro einen Steuersatz von bis zu 60 Prozent zu erheben. Die Sozialdemokraten hätten auf ihrem Berliner Parteitag im September die Erhöhung auf 49 Prozent beschlossen, und zwar fast einstimmig, sagte Nahles. „Die SPD wird den Spitzensteuersatz nicht auf 60 Prozent anheben“, fügte die Generalsekretärin hinzu.

Die hessische FDP begrüßte das Nein von Nahles und Steinmeier zu Schäfer-Gümbels Vorschlag. „Es gibt wenigstens noch einige Vernünftige in der SPD“, erklärte der Wiesbadener FDP-Fraktionschef Florian Rentsch. (afp)