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Der schwere Unfall in der TV-Show „Wetten, dass...?“ am Samstag rückt ein Sportgerät in den Blick, dass bis dato ein Randdasein fristete: Sport-Stelzen. Die Branche ist geschockt vom Unglück von Wett-Kandidat Samuel Koch.

Damit zu laufen „macht irre Spaß“, sagt Ulrich Schumann, „ich hab’s mal auf über 42 Stundenkilometer damit gebracht“: Schumann, Sportartikelhändler in Norddeutschland verkauft seit fünf Jahren Sprungstelzen und betreibt ein Portal zu den Sportgeräten. Eine große Öffentlichkeit hatte er bis dato auf das "Bouncing" (Engl. für Sprungkraft/Zurückprallen) nicht aufmerksam gemacht - seit dem vergangenen Samstag hat sich das geändert: Samuel Koch, 23-jähriger Student aus Lörrach in Baden-Württemberg, verletzte sich in der TV-Show „Wetten, dass...?“ schwer beim Versuch, ein auf ihn zu rollendes Auto mit Spezialfeder-Schuhen zu überspringen.

Wir sind alle geschockt“, schreibt Ulrich Schumann auf der Startseite seines Portals. Je extremer die Figuren sind, „desto höher ist das Risiko“, sagt Schumann. Ein- bis eineinhalb Meter hoch sei er selbst schon mit diesen Federuntersätzen gesprungen. Und er kennt Leute, „die springen damit bis zu drei Meter hoch“, berichtet Schumann im Gespräch mit DerWesten.

Er selbst nutze die Geräte nur zum Laufen und vergleicht das Risiko mit dem „bei Inline-Skatern“. Stürze „sind am Anfang normal“, weil man sein Gleichgewicht neu austarieren und sich die Muskulatur für diese Geräte erst bilden müsse. Wer den Nervenkitzel sucht und solche Stelzen erwirbt, sei meist „männlich, zwischen 20 und 60 Jahre alt und lebensbejahend“, erklärt Schumann. Eine „kleine Funsport-Gemeinde“ habe sich inzwischen in Deutschland gebildet, seitdem die Sprungstelzen, die in China hergestellt werden aber ein Deutsches Patent haben, vor etwa fünf Jahren hierzulande auf den Markt gekommen sind.

„Das Problem sind nicht die Stelzen, sondern die Nutzer“

Lustiges Spielzeug oder gefährliches Sportgerät? „Es gibt sie auch für Kinder“, erklärt der Sportartikel-Händler. Die seinen dann „halb so groß“ wie die Erwachsenen-Version, die etwa 50 Zentimeter lang ist und die Lauf- oder Sprung-Energie, abgestimmt auf das Personengewicht, erheblich verstärkt.

„Das Problem sind nicht die Stelzen, sondern die Nutzer“, sagt Thomas Siebeneicher, Trainer beim Sport- und Bouncingclub Leipzig. Man müsse sich klarmachen, dass der Stunt von Koch in den Extremsportbereich gehe und nichts mit dem normalen Umgang mit den Geräten zu tun habe. Der Leipziger Club ist nach eigenen Angaben der erste Sprungstelzen-Verein Deutschlands.

Siebeneicher fürchtet nun, dass das Sportgerät nun erst einmal mit Skepsis betrachtet werde. „Jeder in Deutschland kennt jetzt das Sportgerät, aber jetzt ist es negativ behaftet.“ Er glaubt aber nicht, dass sich Sportler vom Bouncen abwenden. In seinem Verein gehe es auch nicht um gefährliche Stunts, sondern eher um Grundlagenvermittlung. Bei den etwa 40 Mitgliedern stehe der Spaß im Vordergrund, nicht das Risiko. Wie viele Bouncer es in ganz Deutschland gibt, weiß auch Siebeneicher nicht. Das Internetforum „bouncingvz.ning.com“, in dem Veranstaltungen und Treffen von Bouncern in ganz Deutschland verzeichnet sind, meldet rund 420 Mitglieder.

Im Sport- und Bounceclub Leipzig mit etwa 40 Mitgliedern hat es nach Angaben von Siebeneicher noch keine gefährlichen Stunts gegeben. „Am spektakulärsten war ein Sprung quer über ein Auto“. Zu gefährlichen Unfällen sei es bisher nicht gekommen. Ein Sportler habe sich einmal bei einem Salto das Knie verdreht, ein Mädchen habe sich den Oberschenkel gebrochen. Das gehöre aber zum Risiko und sei oft auf einen Fehler des Nutzers zurückzuführen. „Bouncen ist auch eine Sache des Kopfes“, sagte Siebeneicher.

Der Deutschland-Importeur der Sprungstelzen, Marco Schuler aus Lörrach, möchte sich unterdessen nicht zum Vorfall äußern und verweist auf die Pressestelle des ZDF. Auch er zeigt sich geschockt und hofft, dass Wett-Kandidat Samuel den Unfall gut übersteht. Auch Fragen zum Sportgerät selbst mag Schuler nicht beantworten: „Das könnte alles als Werbung ausgelegt werden“. (mit dapd)