Die Veröffentlichung der US-Diplomatenpost auf der Enthüllungsplattform Wikileaks ist der größte Geheimnisverrat der Geschichte. Er wird Geschichte schreiben. Vermutlich keine gute.

Geheimnisverrat hat es immer gegeben. Aber noch nie konnte die ganze Welt von einem auf den anderen Tag eine Viertelmillion mehr oder weniger geheimer Dokumente aus dem amerikanischen Regierungsapparat nachlesen. Es ist der größte Geheimnisverrat der Geschichte. Er wird Geschichte schreiben. Vermutlich keine gute.

Erstens: Weder der Verräter noch die Internet-Plattform Wikileaks können die Folgen ihrer Veröffentlichung auch nur annähernd abschätzen. Diese können aber tödlich sein, etwa, wenn Informanten der Amerikaner in diktatorischen Staaten hochgehen. Deshalb ist diese Art von Veröffentlichung unverantwortlich, auf jeden Fall: größenwahnsinnig. Vor allem, wenn dieser Größenwahn auch noch mit Informationsfreiheit gleichgesetzt wird.

Zweitens: Stiftet es Frieden, hilft es der Demokratie oder der Informationsfreiheit, wenn jetzt die Diktatoren in Nordkorea mitlesen können, was Südkorea, China und die USA unternehmen, um Krieg zu verhindern? Wem hilft es, wenn die Iraner jetzt auch noch dokumentieren können, dass die Saudis Verräter an der islamistischen Sache sind? Dieser Verrat stiftet keinen Frieden, er gefährdet ihn.

Drittens: Die Wikileaks-Veröffentlichung ist nichts anderes als eine Illusion. Glaubt jemand, diese Mischung aus Einschätzungen und Einzelbeobachtungen sei „Wahrheit“? Was hat man davon, zu wissen, dass ein führendes Mitglied einer Denkfabrik von Premier Erdogans türkischer AKP-Partei Andalusien zurück haben und sich rächen will für die Belagerung Wiens 1683???

Viertens: Merkel sei in Risiko-Situationen wenig risikobereit, kabelte der Berliner US-Botschafter nach Washington. Gottseidank, kann man da nur sagen. Wollen wir von Hasardeuren regiert werden? Ansonsten ist der Neuigkeitswert der Berichte über Westerwelle und Co. nicht einmal von anekdotischem Wert. Und wenn deshalb der US-Botschafter gehen muss? Da ginge Herr Murphy, es käme Herr Smith. Na und? Schlimm wäre, wenn jetzt auch noch die stille Diplomatie den Spielregeln der politischen Korrektheit unterworfen würde. Angst vor Diskriminierung würde wichtiger als Wahrheit.

Fazit: Geheimnisse sind unverzichtbar in der Politik. Geheimnisverrat ist strafbar, weil er den Frieden gefährdet. Wer das, wie Grüne, gut findet, disqualifiziert sich fürs Regieren. Und: Wer reguliert das Internet?