Hamburg. .

Zehn mutmaßliche Piraten stehen in Hamburg vor Gericht. Sie sollen vor sieben Monaten das Containerschiff MS „Taipan“ angegriffen haben. Es ist der erste Piraten-Prozess seit Jahrhunderten in Hamburg.

Mehr als sieben Monate nach dem Angriff auf das Containerschiff MS „Taipan“ hat am Montag in Hamburg der Prozess gegen zehn mutmaßliche Piraten begonnen. Die somalischen Staatsbürger müssen sich wegen Angriffs auf den Seeverkehr und erpresserischen Menschenraubs vor dem Landgericht der Hansestadt verantworten. Die Anklage umfasst 33 Seiten und benennt 22 Zeugen. Das mit Spannung erwartete Verfahren vor der Großen Strafkammer 3 ist zugleich der erste Piraten-Prozess seit Jahrhunderten in Hamburg.

Seeräuberei war lange Zeit auch an den deutschen Küsten Alltag, Piratenprozesse in den Häfen an Nord- und Ostsee keine Seltenheit. Der nun begonnene Prozess wegen Angriffs auf den Seeverkehr, dürfte nach Einschätzung von Staatsanwaltschaft und Historikern das erste vergleichbare Gerichtsverfahren seit dem Beginn der frühen Neuzeit vor gut 400 Jahren sein. „Der Prozess hat damit durchaus eine historische Dimension“, sagt der Sprecher der Hamburger Anklagebehörde, Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers.Vor allem am Ende des 14. Jahrhunderts blühte die Piraterie an den hiesigen Küsten und machte den Kaufleuten der Hansestädte wie Hamburg oder Bremen das Leben schwer.

Hinrichtung von mindestens 533 Seeräuber

Bekannt ist vor allem die Fehde der Hamburger „Pfeffersäcke“, wie die vermögenden Geschäftsleute damals genannt wurden, mit dem Freibeuter Klaus Störtebeker. Dieser bedrohte mit seinen Getreuen die Schifffahrt auf der Nord- und Ostsee, bis ihn die Hanseaten vor der Insel Helgoland schnappten. Im Jahr 1400 soll der Seeräuberhauptmann vor den Toren Hamburgs geköpft worden sein.Drakonische Strafen gegen Piraten waren an der Tagesordnung.

Nach Recherchen des Historikers Ralf Wiechmann vom Museum für Hamburgische Geschichte richteten allein die Hanseaten zwischen 1390 und 1600 mindestens 533 Seeräuber hin. Ihre abgeschlagenen Köpfe wurden zur Abschreckung anderer oft auf Balken genagelt und an der Hafeneinfahrt aufgestellt. Wann diese blutrünstige Praxis endete und der vorerst letzte Freibeuter-Prozess an deutschen Küsten stattfand, lässt sich heute exakt zwar nur schwer ermitteln. Fest steht aber, dass nach 1600 - also vor rund 400 Jahren - Ruhe an der Seeräuberfront einkehrte. „Die Piraterie auf Nord- und Ostsee spielte danach einfach keine Rolle mehr“, erläutert Wiechmann. (afp)