Hamburg..

Angesichts jüngster Warnungen vor Terrorangriffen in Deutschland Rückt die Vorratsdatenspeicherung wieder in den Blick. Mehrere Politiker fordern vom Bund eine erneute Initiative. In Hamburg treffen sich heute die Innenminister der Bundesländer.

Nach den konkreten Warnungen vor geplanten Terroranschlägen in Deutschland ist eine Diskussion über die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen entbrannt. Der Chef der Polizeigewerkschaft GdP, Konrad Freiberg, warnte am Donnerstag vor „Sicherheitsdefiziten“. Der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, forderte eine Wiederaufnahme der Vorratsdatenspeicherung.

NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) hält ebenso wie die Polizei eine Vorratsdatenspeicherung im Kampf gegen Terroristen für dringend geboten. „Datenschutz ist selbstverständlich. Allerdings dürfen wir im Sinne der Opfer nicht so weit gehen, dass Straftaten nicht mehr ordentlich ermittelt und Straftäter nicht zur Rechenschaft gezogen werden können.“ Jäger forderte von Bundesinnenminister und Bundesjustizministerin, endlich einen verfassungskonformen Gesetzentwurf vorlegen. Bei der Vorratsdatenspeicherung gehe es Jäger zufolge nicht um Inhalte von Gesprächen, sondern um die Verbindungsdaten: „Wann hat wer mit wem telefoniert oder gemailt? Über welchen E-Mail-Account?“

Deutschland habe „in der Entwicklung einige Schritte verpasst“, sagte Freiberg dem „Hamburger Abendblatt“ (Donnerstagsausgabe). So sei die Bevölkerung nicht ausreichend auf die Folgen eines Anschlags vorbereitet. Die Lage sei ernst. Es müsse nun „alles Menschenmögliche“ getan werden, „um die Bevölkerung vor der Gefahr zu schützen“, sagte Freiberg. Dem Vorstoß des niedersächsischen Innenministers Uwe Schünemann (CDU), die Polizeipräsenz in islamisch geprägten Vierteln zu erhöhen, erteilte Freiberg eine Absage. „Das ist nicht die richtige Maßnahme, die uns vor Anschlägen schützen kann.“

130 islamistische „Gefährder“ in Deutschland

Schünemann hatte in einem Positionspapier vor einer steigenden Bedrohung durch deutschstämmige Islamisten gewarnt und 130 „als hochgradig gewaltbereite „Gefährder“ eingestuft. Zusammen mit Sympathisanten „liegt das militante Potenzial sogar bei 400 Personen.“ Diese Gruppe müsse lückenlos beobachtet werden. Gegen „Gefährder“ müsse man darüber hinaus über präventive Kontrollinstrumente nachdenken wie elektronische Fußfesseln, Aufenthaltsverbote oder auch ein Entzug von Mobiltelefon und Computer.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte am Mittwoch gesagt, es lägen konkrete Hinweise auf Anschlagspläne islamistischer Kreise in Deutschland noch in diesem Monat vor. Es gebe „Grund zur Sorge, aber keinen Grund zur Hysterie“. Bund und Länder verstärkten in ganz Deutschland die Sicherheitsvorkehrungen. Nach Angaben de Maizières erhielten die deutschen Behörden Hinweise von „ausländischen Partnern“ auf für Ende November geplante Anschläge. Unabhängig davon hätten eigene Ermittlungsergebnisse des BKA in der islamistischen Szene die „nachhaltigen Bestrebungen islamistischer Gruppen zu Anschlagsplanungen“ in Deutschland bestätigt.

Telefonverkehr stärker überwachen

Im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Donnerstagsausgabe) sagte Unionspolitiker Hans-Peter Uhl, angesichts der Terrorwarnung seien verbesserte Möglichkeiten zur Überwachung der Telekommunikation nötig. „Nur die Nachrichtendienste können uns helfen, solche terroristische Bedrohungen frühzeitig zu erkennen. Wenn dieses Chance vertan wird und sich der Terrorist mit der Bombe unterm Arm auf den Weg gemacht hat, hat der Staat verloren.“ Es sei „völlig undenkbar“, dass die Menschen ohne Vorratsdatenspeicherung geschützt werden könnten.

Das Bundesverfassungsgericht hatte die bisherige Regelung zur Vorratsdatenspeicherung im März gekippt. Seither dürfen Telefon- und Internetdaten nicht mehr ohne Grund sechs Monate lang gespeichert werden. Die Union drängt auf eine baldige Neuregelung, die FDP hat sich bislang gegen die Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen.

In der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstagsausgabe) sprachen sich der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Wolfgang Bosbach (CDU), und FDP-Fraktionsvize Gisela Piltz gegen schärfere Gesetze als Reaktion auf die Terrorwarnung aus. „Die veränderte Bedrohungslage ist kein Grund für gesetzgeberischen Aktionismus“, sagte Bosbach. Gefragt sei vielmehr das richtige Maß an Aufmerksamkeit und Gelassenheit. Piltz sagte der Zeitung, die Behörden verfügten über „eine Vielzahl wirksamer Möglichkeiten, um die Sicherheit der Menschen in Deutschland zu gewährleisten“. Ein „immer weiteres Drehen an der Verschärfungsschraube“ sei daher nicht nötig. (afp/dapd)