Hamburg. .
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer, fordert einen Abschiebeschutz für gut integrierte junge Migranten. Der Vorschlag stößt bei der Justizministerin auf Zustimmung.
Kurz vor der in Hamburg stattfindenden Innenministerkonferenz (IMK) hat die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer, einen Abschiebeschutz für gut integrierte junge Migranten gefordert. Durch eine solche Regelung würden die Betroffenen ermutigt, sich weiter aktiv in der Bundesrepublik zu engagieren, sagte Böhmer in Berlin. „Die Innenministerkonferenz sollte jetzt dieses wichtige integrationspolitische Signal setzen“, forderte die CDU-Politikerin.
Zugleich sprach sie sich dafür aus, im Aufenthaltsgesetz ein eigenständiges Bleiberecht für gut integrierte Kinder zu verankern. „Bisher werden diese Kinder und Jugendlichen für Versäumnisse ihrer Eltern verantwortlich gemacht, unabhängig davon, ob sie selbst bereits in unserer Gesellschaft integriert sind“, sagte Böhmer. Diese pauschale Mithaftung sollte durch ein eigenständiges Bleiberecht ersetzt werden.
Vorschlag stößt auf Zustimmung
Auch Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) forderte, die Abschiebung gut integrierter Minderjähriger sofort zu stoppen. „Eine klare bundesgesetzliche Aufenthaltsregelung für Kinder und Jugendliche ist überfällig“ sagte sie. Wenn sich die Innenministerkonferenz im Grundsatz auf einen Vorstoß einige, könnten in der schwarz-gelben Koalition auch kurzfristig aufenthaltsrechtliche Regelungen vorgenommen werden.
Das Kinderhilfswerk Unicef begrüßte den Vorschlag. Das Wohl der Kinder müsse im Ausländer- und Asylrecht gestärkt werden, sagte der Geschäftsführer von Unicef Deutschland, Christian Schneider. „Es darf keine Abschiebungen geben, unter denen die Entwicklung oder der Schutz der Kinder Schaden nehmen“, sagte er.
Innenminister wollen Ausländerrecht „modernisieren“
Die Innenminister der Länder und der Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) wollen auf ihrer Tagung eine Beschlussvorlage zur Änderung des Ausländerrechts präsentieren. Zurückgehend auf einen Vorstoß der Länder Hamburg und Niedersachsen gehe es darin insbesondere um die schnellere Einbürgerung gut integrierter Jugendlicher, sagte ein Sprecher der Hamburger Innenbehörde auf dapd-Anfrage. Ihnen solle ein sicherer Aufenthaltsstatus verschafft werden.
Das „modernisierte“ Ausländerrecht soll zudem härtere Sanktionen gegen integrationsunwillige Migranten beinhalten, etwa eine Kürzung oder Streichung von Sozialleistungen. Hamburgs Innenminister und IMK-Vorsitzender Heino Vahldieck (CDU) hatte zuvor gefordert, dass die Ausländerbehörde zukünftig Daten über Migranten sammeln solle. Ohne Meldung an die zuständigen Stellen könnten Integrationsverweigerer nicht bestraft werden, sagte er.
Kritik von Opposition und Flüchtlingsverbänden
Die Pläne stießen auf massive Kritik bei der Opposition und den Flüchtlingsverbänden. Entweder sei Vahldieck tatsächlich so ahnungslos oder er heize gezielt die Debatte über verschärfte Sanktionen bei vermeintlicher Integrationsverweigerung an, sagte Sevim Dagdelen, migrationspolitische Sprecherin der Linke-Bundestagsfraktion. Das Problem seien nicht angebliche Integrationsverweigerer, sondern diejenigen, die ständig mit dem Rotstift im Integrationsbereich wüteten.
Dass Flüchtlinge erst ausgegrenzt und dann dafür bestraft werden sollten, sei zynisch und menschenverachtend, sagte Newroz Duman von Jugendliche Ohne Grenzen. Die Organisation hatte zusammen mit Pro Asyl, Flüchtiglingsräten und weiteren Verbänden zu einer Demonstration für das uneingeschränkte Bleiberecht am frühen Mittwochabend in Hamburg aufgerufen. Bereits am vergangenen Samstag (13.11) hatten Tausende in der Hansestadt gegen die IMK demonstriert. Dabei kam es auch zu vereinzelten Ausschreitungen zwischen Polizei und Demonstranten.
Insgesamt stehen 39 Punkte auf der Tagungsordnung der IMK. Neben dem Ausländerrecht sollen unter anderem die Themen Sicherungsverwahrung, Rockerclubs und Gewalt gegen Polizeibeamte diskutiert werden. Zu den Kosten des jüngsten Castor-Transports gibt es laut Hamburger Innenbehörde keinen offiziellen Tagesordnungspunkt. (dapd)