Luxemburg. .

Der Europäische Gerichtshof stoppt die Veröffentlichung von Subventionsempfängern. Die Richter sehen darin eine Verletzung des Datenschutzes. Die Agrar-Veröffentlichungen sind nicht rückwirkend angreifbar.

Die Veröffentlichung der Empfänger von EU-Agrarbeihilfen ist unzulässig. Bei der Nennung aller privaten Personennamen sei der Datenschutz hierbei nicht ausreichend berücksichtigt worden, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg am Dienstag. Das Gericht erkannte damit den Datenschutz als Grundrecht der EU an. (Az: C-92/09)

Die umstrittene Veröffentlichung der Agrarsubventionen geht auf eine „Transparenzinitiative“ der Europäischen Union aus dem Jahr 2005 zurück. Danach sollen die Ausgaben der EU leichter überprüfbar sein und die EU-Organe für ihre Arbeit zur Rechenschaft gezogen werden können. Mit einem Anteil von rund 40 Prozent sind die Agrarausgaben immer noch der größte Posten im Haushalt der EU. Die Verordnung sieht daher vor, die Empfänger von Agrarsubventionen sowie ländlicher Regionalbeihilfen mit Firma oder Namen, Ort und Postleitzahl ins Internet einzustellen.

In Deutschland macht dies die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) auf der gesonderten Internet-Seite www.agrar-fischerei-zahlungen.de. Sie ermöglicht eine gezielte Suche nach Namen, Postleitzahl oder nach der Höhe der Beihilfen. Mehrere deutsche Gerichte haben dies für rechtmäßig gehalten. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden dagegen hatte Bedenken und legte zwei Klagen dem EuGH vor.

EuGH betont das Grundrecht auf „Achtung des Privatlebens“

Unter Hinweis auf die EU-Grundrechtscharta sowie die Europäische Menschenrechtskonvention betont der EuGH nun das Grundrecht auf „Achtung des Privatlebens“. Dies schließe auch den Datenschutz mit ein. Eingriffe seien nur zulässig, wenn dies „absolut notwendig“ sei, um anerkannte Ziele des Gemeinwohls zu verfolgen, und solange der Wesensgehalt der EU-Grundrechte unangetastet bleibt.

Allerdings hätten in einer demokratischen Gesellschaft auch die Steuerzahler Anspruch auf Informationen über die Verwendung ihrer Gelder, so der EuGH weiter. Daher müsse zwischen beiden Zielen abgewogen werden. Genau dies hätten Rat und Kommission der EU aber nicht getan, rügte der EuGH. So sei nicht erwogen worden, ob tatsächlich immer die Namen mit genannt werden müssen. Laut dem Luxemburger Urteil gewinnt das öffentliche Interesse gegenüber dem Datenschutz ein umso höheres Gewicht, je höher die Beihilfen sind und je häufiger sie ausgezahlt werden.

Die Agrar-Veröffentlichungen sind nach dem Luxemburger Urteil nur für die Zukunft, nicht aber rückwirkend angreifbar. Die Veröffentlichung der Beihilfen landwirtschaftlicher Unternehmen beanstandete der EuGH nicht. (afp)