Essen..

Weil die Ergebnisse nachgeben, will sich Eon offenbar ins asiatische und brasilianische Geschäft flüchten. RWE setzt auf Europa.

Wenn Mittwoch und Donnerstag die beiden Energie-Konzerne Eon und RWE ihre Quartalszahlen veröffentlichen, dürfte deutlich werden, dass die Schönwetterphase für die Energie-Riesen aus Düsseldorf und Essen nun endgültig vorbei ist. RWE wird das Jahr 2010 noch ordentlich ab­schließen, im kommenden Februar allerdings steht die Re­vision des Konzernergebnisses um 1,5 Milliarden Euro auf der Tagesordnung – und zwar nach unten. Beim roten Rivalen in Düsseldorf rechnen die Strategen mit einem Rückgang des Vorsteuerergebnisses um 30 Prozent in den kommenden drei Jahren – falls der Vorstand keine Gegenmaßnahmen einleitet.

Es wird ungemütlich in den Chefetagen der Energiekonzerne. Die künftige Brennelementesteuer nagt ebenso am Ergebnis wie die Strompreise an der Börse, die niedriger ausfallen als geplant; neue und vor allem unkalkulierbar auftretende Wettbewerber im Ge­schäft mit erneuerbaren Energien sowie die Konkurrenz durch die Stadtwerke erhöhen den Druck. „Im Vergleich zu den europäischen Wettbewerbern sind die deutschen Energiekonzerne massiv in der De­fensive“, sagt WestLB-Analyst Peter Wirtz. „Die Risiken sind größer, die Wachstumschancen unterdurchschnittlich.“

Achtungserfolg mit Zukauf von Essent

Hinzu kommen hausgemachte Fehler. Die fallen al­lerdings derzeit bei Eon stärker ins Gewicht als bei RWE. Umso radikaler fällt nun auch der Strategiewechsel aus, den Eon-Chef Johannes Teyssen offenbar einläutet. Ganz an­ders als RWE will Eon künftig laut Konzernkreisen in den Wachstumsmärkten Asien und Brasilien wachsen. Die Essener hingegen konzentrieren sich auf das Europa-Geschäft – und haben mit dem Zukauf der niederländischen Essent einen Achtungserfolg zu verbuchen.

Beobachter der Branche verweisen mit Blick auf Eon allerdings auf das Risiko einer außereuropäischen Wachstumsstrategie. Das politisch stark beeinflusste Energiegeschäft unterliege außerhalb Europas anderen Mentalitäten, ohne entsprechende Fachleute sei das Engagement in Asien oder Südamerika kaum voranzutreiben. Dieses Risiko scheinen die Börsianer auch zu sehen. Die Eon-Aktien gab gestern zeitweise um 1,5 Prozent nach.

Ein anderer Analyst zweifelt daran, dass bei Eon überhaupt genügend Finanzkraft vorhanden ist, um eine solche Strategie zu finanzieren. Zumal die Verschuldung mit 47 Milliarden Euro enorm hoch liegt. Eon und RWE müssten zu­nächst einmal darum kämpfen, ihre bisherigen Dividenden zu halten.

Eon hatte kein Glück, dann kam noch Pech dazu

Eon hatte mit seinen jüngsten Zukäufen kein Glück, dann kam auch noch Pech dazu. Nach der politisch verhinderten Komplettübernahme des spanischen Endesa-Konzerns kaufte der damalige Eon-Chef Wulf Bernotat Teilbereiche von Endesa in Südeuropa auf, die die Rendite-Hoffnungen schwer enttäuschten. Die Weltwirtschaftskrise beschwerte das Geschäft in Südeuropa zu­sätzlich. Einschließlich des US-Geschäftes wurden in Spanien, Frankreich und Italien 2,6 Milliarden Euro Abschreibungen fällig.

Damit ist das Elend womöglich noch nicht beendet. Dem Vernehmen nach drohen auch bei Eon Ruhrgas weitere Abschreibungen. Das Ge­schäftsmodell der Essener Gas-Tochter des Eon-Konzerns ist völlig überholt. Das Überangebot von Gas sowie die langfristigen, auf dem Öl­preis basierenden und mithin viel zu teuren Lieferverträge mit Gazprom richten Verheerungen in der Bilanz an.

Die Russen aber bleiben hart und rücken bei Nachverhandlungen kaum von den ge­schlossenen Verträgen ab. Da nützte es auch nichts, dass sich jüngst Eon-Ruhrgas-Chef Klaus Schäfer und sein Vorgänger, der Eon-Konzernvorstand Bernhard Reutersberg, jüngst im Schalke-Trikot mit Gazprom-Chef und Schalke-Hauptsponsor Alexei Miller trafen.

Gewerkschaft Verdi macht Druck

Wenn sich die Geschäftsmodelle von Eon und RWE auch zunehmend auseinander entwickeln, so bleibt den beiden Riesen aus Nordrhein-Westfalen eine Ge­meinsamkeit. Sie haben es zu tun mit einer er­starkten und widerstrebenden Gewerkschaft Verdi. RWE-Chef Jürgen Großmann kann ein Lied davon singen. Zuletzt soll sich Vize-Aufsichtsratschef und Verdi-Boss Frank Bsirske gemeinsam mit RWE-Aufsichtsratschef Manfred Schneider bei der für Februar geplanten Verlängerung des Vertrages von Finanzchef Rolf Pohlig gegen Großmann durchgesetzt haben. Und schon wird eine Erkrankung von Großmann genutzt, um Rücktrittsgerüchte zu streuen.

Ein Blick von Düsseldorf nach Essen, wo Großmann allerhand Baustellen aufgerissen hat, könnte Teyssen lehren: Ein robustes Mandat al­lein reicht gegen Verdi nicht.