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Kanzlerin Merkel dämpft die Hoffnung auf einen Kohlekompromiss. Die Lage für die deutschen Kohlekumpel sei „unangenehmer als ich dachte“, sagte sie am Mittwochabend bei einer CDU-Regionalkonferenz in Essen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Erwartungen an die bevorstehenden Verhandlungen auf EU-Ebene über das Auslaufdatum des Steinkohle-Bergbaus deutlich gedämpft. Bei einer Regionalkonferenz ihrer Partei in Essen sagte Merkel am Mittwochabend vor rund 2000 Mitgliedern, die Lage für die deutschen Kohlekumpel sei „unangenehmer als ich dachte“. Es werde nicht einfach, in Brüssel das geplante Ausstiegsdatum für die deutschen Steinkohle-Subventionen 2018 zu verteidigen. Die EU-Kommission dringt auf ein Ende der Förderung bereits 2014. Sie werbe vor den entscheidenden Sitzungen im Dezember bei anderen Staatschefs um Unterstützung: „Ich tue alles, was ich kann. Ich kann den anderen Mitgliedsstaaten aber keine Befehle erteilen“, so Merkel.

Die Regionalkonferenz bildete den Abschluss von bundesweit sieben Basisveranstaltungen, die im Vorfeld des CDU-Parteitages Mitte November dem Frustabbau nach dem ersten Regierungsjahr dienen sollten. Merkel verteidigte unpopuläre Beschlüsse im „Herbst der Entscheidungen“ und wärmte mit einem Bekenntnis zum christlichen Menschenbild die Herzen der Basis („Auch ich bin eine Stammwählerin“).

Keine Gesetzesänderung für Hochtief

Ansonsten verlebte sie einen unerwartet konfliktfreien Abend. Zumal Merkel zahlreichen Mitarbeitern des Baukonzerns Hochtief, die lautstark vor der Tür für einen besseren Schutz vor einer feindlichen Übernahme durch den spanischen Rivalen ACS demonstrierten, gar nicht erst begegnete. In der Mitgliederdiskussion sprach sich die Kanzlerin gegen eine Änderung des Übernahmegesetzes für Hochtief aus: „Was wir nicht machen können, ist bei jedem schwierigen Fall das Gesetz zu ändern.“

Sie sei „in Gespräche verquickt“, erklärte Merkel, warnte aber vor einer Einmischung des Staates. In Anspielung an den vergeblichen Einsatz ihres Amtsvorgängers für den untergegangenen Baukonzern Holzmann Ende der 90er Jahre spottete die Kanzlerin: „Bei Schröder war das keine Erfolgsstory. Ich möchte da nicht die Nachfolge antreten.“

Merkel mahnt bessere Chancen für ältere Arbeitnehmer an

Merkel hat vor dem anstehenden Bundesparteitag ihrer Partei erneut für ihren „Herbst der Entscheidungen“ geworben und mehr Veränderungsbereitschaft in der Gesellschaft angemahnt. So sei etwa die Rente mit 67 vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung hin zu mehr älteren Menschen eine „Entscheidung für Gerechtigkeit“, sagte Merkel. Dies setze aber voraus, dass die Menschen auch die Möglichkeit für eine längere Arbeitszeit bekämen.

Dass derzeit 2,2 Millionen Langzeitarbeitslose keine Chance auf eine neue Stelle hätten, weil sie älter als 50 seien, dürfe nicht länger akzeptiert werden. „Da läuft etwas schief, da müssen wir umdenken“, sagte die Kanzlerin. Eine Gesellschaft, die nicht mehr auf Erfahrung setze und es nicht zulasse, wenn es mal „etwas langsamer“ zugehe, sei keine menschliche Gesellschaft mehr.

Gesellschaft muss sich mehr auf notwendige Veränderungen einstellen

Vor diesem Hintergrund mahnte Merkel grundsätzlich mehr Veränderungsbereitschaft in der Gesellschaft an. Der Protest beispielsweise gegen notwendige Technologie- und Infrastrukturprojekte wie etwa neue Stromleitungen für erneuerbare Energien oder Bahnhofsneubauten gefährde die Zukunftsfähigkeit des Lande, warnte die Kanzlerin in Anspielung auf den Widerstand gegen das Bahn-Großprojekt „Stuttgart 21“. Sie frage sich manchmal, ob heute hierzulande noch einmal so grundsätzliche technische Erfindungen wie Elektrizität und Eisenbahn möglich seien.

Merkel verteidigte auf der letzten Regionalkonferenz vor dem Parteitag auch die geplante Bundeswehrreform. Die geplante Aussetzung der Wehrpflicht sei nicht mit einer Abschaffung der Wehrpflicht gleichzusetzen. Für die aktuelle Bedrohungslage gebe es aber „andere Formen“, wie Deutschland seine Verteidigung sichern könne. Niemand könne aber wissen, wie diese Lage etwa in 20 Jahren sei.

Die bundesweiten Regionalkonferenzen sollen die CDU-Parteibasis vor dem Bundesparteitages der CDU Mitte November in Karlsruhe in die Diskussion wichtiger Themen einbinden. In Essen kamen nach Parteiangaben rund 2000 Mitglieder zusammen.CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe kündigte angesichts der neuen Führungsmannschaft in der NRW-CDU um den neuen Landesvorsitzenden Norbert Röttgen harten Widerstand gegen die rot-grüne Minderheitsregierung in NRW an. „Rot-Grün bekommt, was es braucht: Eine geschlossene und entschlossene Opposition, damit der Spuk ein Ende hat“, sagte er. Die NRW-CDU bekomme mit Röttgen einen „ganz starken Landesvorstand“. (Mit Material von dapd)