München. .
Die Frauenquote ist nicht gerade schmeichelhaft, aber vernünftig und nahezu alternativlos. Man muss sie nicht gesondert für die CSU rechtfertigen. Sie hat sich allgemein bewährt. In der CDU wurde sie noch unter Helmut Kohl eingeführt, lange her, eine kleine Ewigkeit, genauer gesagt: im letzten Jahrhundert. Die CSU lässt sich spät und immer noch widerwillig auf das „Experiment“ ein. Wäre es einzig und allein um die Quote gegangen, dann wäre die Entscheidung auf dem CSU-Parteitag in München knapper ausgefallen. Am Ende ging es auch um Geschlossenheit und darum, CSU-Chef Horst Seehofer nicht zur Unzeit zu provozieren.
Die Parteihistoriker werden die Frauenquote mit seinem Namen verbinden. Dafür hat er gekämpft, seine Autorität als Vorsitzender in die Waagschale geworfen. Es ist im Grunde einfach: Will die CSU an alte Erfolge anknüpfen, muss sie für die Mehrheit der Wähler attraktiver werden. Ein wichtiger Anreiz für Frauen, bei der CSU mitzumachen, sind Vorbilder und Aufstiegschancen. Deswegen ist es richtig, den Anteil der Frauen in Führungspositionen zu erhöhen. Nicht zuletzt ist es natürlich eine Frage der Gerechtigkeit.
Horst Seehofer macht also ein paar Sachen auch richtig. Das darf man mal festhalten, weil einige hyperventilierende Politiker und Journalisten im Vorfeld des CSU-Parteitages den Eindruck erweckten, als könnte dieser Konvent sein letzter Akt werden.
Richtig ist allerdings, dass der Mann unter Bewährung steht; er ist zum Erfolg verdammt. Den anderen beiden Vorsitzenden der Koalitionsparteien geht es nicht viel besser, Guido Westerwelle in der FDP eher noch schlechter. Der Punkt ist, dass Seehofer ein Einzelkämpfer geblieben ist und umso unbarmherziger einzig an seinen Erfolgen gemessen wird.
Der Ertrag - Umfragen um 38 bis 41 Prozent - aber ist bescheiden, für eine Partei wie die CSU schier beängstigend und inakzeptabel. Sie neigt dazu, den Verlust der absoluten Mehrheit in Bayern für einen Betriebsunfall, für einen Treppenwitz der Geschichte zu halten. Sie mag sich nicht damit abfinden, dass die Zeit der Volksparteien im Freistaat vorbei sein könnte. Ihre Sonderstellung über Jahrzehnte hinweg beruhte auf die unangefochtene, schier selbstverständliche und quasi standesgemäß absolute Mehrheit. Davon ist die CSU seit einiger Zeit weit entfernt. Das erklärt ihre Zerrissenheit, die innere Unruhe. Die CSU ist gerade sehr empfänglich für Regenmacher.
Karl-Theodor zu Guttenberg, der mit messianischen Erwartungen konfrontiert wird, ist sicher kein unseriöser Regenmacher. Er ist bloß ein relativ unbeschriebenes Blatt in der deutschen Politik. Die Wehrreform wird überhaupt erst sein Gesellenstück sein. Umso kurioser ist es, dass viele ihm schon jetzt den Meisterbrief aushändigen würden: den CSU-Vorsitz, die Staatskanzlei in München, gar das Kanzleramt.
Man kann sich den Hype erklären. Guttenberg tanzt aus der Reihe, weil er nicht der in der Politik gängige Aufsteigertyp ist. Er ist unverkrampft, unabhängig, dabei aber immer noch nahbar und von beneidenswerter Leichtigkeit. Er ist außerdem ein Mann, der unter Idealismusverdacht steht. Auch damit ragt er wohltuend aus dem Zynismus der Machtpolitik heraus.
Es ist verständlich, dass man ihn mit Sympathie beobachtet, und potenziell ist er ein Seehofer-Nachfolger. Aber es ist verfrüht, ihn schon jetzt in Stellung gegen den Parteichef zu bringen. Die CSU-Delegierten sind mit dem Hoffnungsträger bemerkenswert differenziert umgegangen. Sie haben seine Wehrreform beschlossen, eine leichte Übung. Aber sie haben den Mann nicht penetrant gefeiert. Es ist auch nicht so, dass er Merkel die Show gestohlen oder Seehofer an den Rand gedrängt hätte. Wohl aber fällt auf, dass der Parteichef mit Guttenbergs Popularität nicht umgehen kann. Der Mann ist arg abgespannt. Sie wird es ungern hören, aber: Seehofer verkörpert die CSU wie kein anderer.
Bei Seehofer weiß man nicht immer so genau, ob er gerade Teil des Problems der CSU ist oder Teil der Lösung. Am stärksten ist er, wenn er erklärt, wenn er die Partei einbindet und sich selbst zurück nimmt, so wie in seiner Grundsatzrede. Unterm Strich war es für ihn kein Parteitag der Zumutungen. Seehofer hat Zeit gewonnen.