Nein, die Geschichte des Irak-Kriegs muss nicht neu geschrieben werden. Stattdessen bestätigen die geheimen Dokumente des US-Militärs, die jetzt im Internet nachzulesen sind, auf ebenso eindringliche wie traurige Weise die Einschätzung, wonach Krieg vor allem eines ist: nicht nur eine grausame, sondern auch eine schmutzige Angelegenheit.

Missbrauch und Folter von Gefangenen, militärische Willkür, zehntausendfacher Tod unbeteiligter Zivilisten – all das wollte die amerikanische Politik der Weltöffentlichkeit möglichst vorenthalten. Gemäß der alten Weisheit, wonach das erste Opfer im Krieg stets die Wahrheit ist. Stattdessen lancierte Washington mit Bildern von angeblich zentimetergenauen Militärschlägen gern das Bild des „sauberen“ Kriegs.

Die verärgerten bis wütenden Reaktionen der US-Politik auf die Veröffentlichung von nahezu 400 000 Pentagon-Dokumenten zeigen die ganze Hilflosigkeit der Administration in Washington. Wo deutliche Entschuldigungen und die vorbehaltlose Ankündigung der Aufklärung von Kriegsverbrechen angebracht wären, sind nur Klagen über eine angebliche „Medien-Kampagne“ zu hören.

Die Leute hinter Wikileaks durften die Papiere nicht nur veröffentlichen, sie hatten die Pflicht dazu. Im Sinne einer Aufklärung. Und, nicht zuletzt, im Sinne der Opfer.