Kiel..

Alle 236 Menschen an Bord des litauischen Fährschiffs „Lisco Gloria“ haben in der Nacht zum Samstag ein Feuer auf der Ostsee überlebt. Ein technischer Defekt an einem Lkw war offenbar die Ursache für die Explosion.

Alle 236 Menschen an Bord des litauischen Fährschiffs „Lisco Gloria“ haben in der Nacht zum Samstag ein Feuer auf der Ostsee überlebt. Der Brand war vor der schleswig-holsteinischen Insel Fehmarn nach einer Explosion auf dem Oberdeck des Schiffes ausgebrochen. Ursache dafür war vermutlich ein technischer Defekt an einem Lkw. 28 Menschen erlitten eine Rauchvergiftung. Das Fährschiff „Deutschland“ brachte den größten Teil der Geretteten nach Kiel. Drei Verletzte wurde per Hubschrauber ausgeflogen. Der Havarist brannte zunächst in voller Ausdehnung. Erst am Sonntag wurde das Feuer auf dem inzwischen vor der dänischen Insel Langeland mit Schlagseite liegenden Schiff weitgehend gestoppt.



„Vieles spricht für die Annahme einer technischen Ursache an einem der transportierten Lkw“, sagte der Leiter des Lagezentrums der Polizei im Kieler Innenministerium, Joachim Gutt, am Samstag. Alles andere, insbesondere „eine vorsätzliche, strafbare Handlung oder ein Terroranschlag ist auszuschließen“. Gutt zufolge hatte ein Besatzungsmitglied Rauchentwicklung am Kühlaggregat eines Lkw festgestellt. Nachdem Löschversuche fehlgeschlagen seien, habe dieser umgehend den Kapitän alarmiert. Die Flammen hätten sich sehr schnell ausgebreitet. Dem professionellen Handeln von Kapitän und Besatzung sei es insbesondere zu verdanken, dass das Unglück für die Menschen an Bord keine schlimmeren Folgen gehabt habe, sagte er.

Löscharbeiten waren problematisch

Die Löscharbeiten an dem 200 Meter langen Havaristen gestalteten sich am Samstag problematisch. „Das Schiff brennt weiter lichterloh“, sagte der Sprecher des Havariekommandos, Wolfgang Harlos, in Cuxhaven. Ein Hubschrauber setzte ein „Boarding-Team“ auf der „Lisco Gloria“ ab. Die vier Spezialisten verankerten das Schiff, damit es nicht weiter in Richtung der dänischen Insel Langeland trieb. Am Sonntagmittag quoll immer noch starker Rauch aus dem Heck des Schiffes. Löschboote kühlten weiter ununterbrochen den Rumpf der Fähre, um deren Auseinanderbrechen zu verhindern.

Probleme habe den Einsatzkräften bereitet, dass nicht unbegrenzt Löschwasser in den Havaristen gepumpt werden könne, sagte Harlos. Sonst hätte das Kentern des 200 Meter langen Schiffes gedroht, an dessen Bord sich zudem noch Treibstoff befand. Das Havariekommando in Cuxhaven gab am Sonntag die Einsatzleitung für die Bergung des Schiffes an die Dänen ab, weil die „Lisco Gloria“ in dänischen Gewässern liegt, wie eine Sprecherin sagte.

Nach Angaben des Leitenden Notarztes Michael Corzillius wurden 23 Verletzte in Kieler Kliniken gebracht. Einige von ihnen seien bereits am Samstag wieder entlassen worden, andere wurden über Nacht beobachtet. „Alle Patienten waren leicht bis mittelschwer verletzt“, sagte er. Darunter seien auch drei Kinder, ein Säugling und ein Jugendlicher.



„Einige haben Angst“

An Bord des Schiffes waren neben Dänen, Litauern, Letten, Russen und Argentiniern den Angaben zufolge auch 21 Deutsche. Nach Angaben des Deutschland-Geschäftsführers der Reederei DFDS, Heikki Tapionlinna, wollte der größere Teil der Passagiere mit der zweiten von seiner Reederei auf der Strecke Kiel-Klaipeda eingesetzten Fähre, der „Lisco Maxima“, noch am Samstagabend in Richtung Litauen aufbrechen. Ein Teil werde die Reise aber auf anderem Weg fortsetzen. „Einige haben Angst“, sagte er.

Das Schiff war von Kiel nach Klaipeda (dem früheren Memel) unterwegs und befand sich zum Unglückszeitpunkt nördlich von Fehmarn. Die 2002 gebaute „Lisco Gloria“ hatte Kiel laut Fahrplan am späten Freitagabend verlassen. Nach Angaben des Havariekommandos waren die Fähre „Deutschland“ und weitere Schiffe, auch der Bundespolizei, in Sichtweite, sodass sämtliche Passagiere und die Crew schnell vom brennenden Schiff gerettet werden konnten. Einige Passagiere hatten sich vor den Flammen ins Meer gerettet. Die Polizei hatte am Sonntagnachmittag die Zahl der an Bord des Fährschiffes befindlichen Menschen von 249 auf 236 nach unten korrigiert. (dapd)