Bremen. .

Bei der Feier zum heutigen 20. Jahrestag der Deutschen Einheit in Bremen steht Bundespräsident Christian Wulff vor seiner Bewährungsprobe. Für WAZ-Kommentator Ulrich Reitz ist der Auftritt eine Weichenstellung für Wullfs künftige Amtszeit.

An diesem Wochenende gibt es eine ganz besondere Premiere: Den Wettstreit von sozusagen drei Bundespräsidenten. Christian Wulff, der gewählte, Joachim Gauck, der der Herzen, Norbert Lammert, der es gerne geworden wäre – alle drei beschäftigen sich mit der deutschen Einheit. Wir dürfen also gespannt sein.

Für Wulff wird es ein ganz wichtiger Sonntag. Es fällt quasi die Vorentscheidung darüber, ob er einen schlechten, mittelmäßigen oder doch guten Start hingelegt hat als jüngstes Staatsoberhaupt in der bundesrepublikanischen Geschichte. Er weiß selbst, wie wichtig diese Rede wird.

Sein Thema ist jedenfalls gut gewählt, es geht um Integration. Darüber hat der CDU-Mann Armin Laschet, als er noch Integrationsminister war, gesagt, es handle sich um nichts weniger als die Notwendigkeit einer dritten Wiedervereinigung, nach der ersten Integrationsleistung gegenüber den Millionen von Flüchtlingen nach dem Krieg, der zweiten von vor 20 Jahren, nun die der Einwanderer heutzutage.

Hoffentlich trifft Wulff den richtigen Ton

Die Volksmeinung ist vergleichsweise eindeutig. Eine Mehrheit der Bevölkerung hält die Integration besonders türkischer und arabischer Einwanderer und ihrer Kinder für nicht gelungen, fremdelt stark mit dem Islam, lässt sich davon auch nicht von Wohlmeinenden abbringen. Das jahrelange Verschweigen der Schattenseiten der Integration erklärt etwa den Verkaufserfolg der Bücher von Thilo Sarrazin und der Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig.

Gegen diese Stimmung lediglich Beispiele erfolgreicher Integration zu setzen, wird kaum reichen. Wie soll man mit jenen umgehen, die ihre Integration für nicht notwendig halten, weil sie sich in ihrer ganz eigenen, kulturellen, sozialen (Hartz-)Welt eingerichtet haben? Und die sich zunehmend auf eine engstirnige Auslegung ihrer Religion berufen und sich damit, bisweilen aggressiv, abgrenzen.

Wulff hat sich nicht nur eins der wichtigsten Themen vorgenommen, sondern zugleich eines der schwierigsten. Hoffentlich trifft er den richtigen Ton. Nur dann lässt sich der Boden bereiten für eine neue, gezielte Einwanderung, die aus demographischen und wirtschaftlichen Gründen dringend geboten wäre.