Für Politiker sind Umfragen wie der Blick auf die Tabelle für den Sportler. Die SPD steht oben, nahezu auf Augenhöhe mit der Union. Das ist zwar nur ein Zwischenstand. Aber er hat was Tröstliches – nach der brutalen Abwahl im September 2009. Der Muntermacher und Taktgeber ist Parteichef Sigmar Gabriel. Von allen Cowboys in der Berliner Politik schießt er am schnellsten. Macht er sich selbst interessant oder auch die SPD? Nicht alles, was er sagt, klingt durchdacht. Vieles wirkt hektisch, effekthaschend, populistisch. Er ist schrill und auf allen Kanälen präsent. Neben ihm kommen andere zu kurz. Fehlt Fraktionschef Steinmeier, spürt man, dass etwas aus der Balance gerät.
Für das Jahr nach der Abwahl war Gabriel der richtige Mann. Aber wenn er Kanzlerkandidat werden will, sollte Gabriel an sich arbeiten. Einen Zampano werden die Deutschen nicht ins Kanzleramt wählen. Wenn er sich nicht zurücknimmt, wird es Angela Merkel bald gelingen, sich neben ihm als seriöse und feste Größe zu profilieren.
Er sollte sein Augenmerk stärker auf die Partei richten, auf die inneren Reformen. Die SPD profitiert in erster Linie von der Schwäche von Schwarz-Gelb. Bald wird man mit mehr Ungeduld und weniger Nachsicht nach der Alternative der Gabriel-SPD fragen.