Köln. .

Harald Schmidt wechselt im September 2011 zu Sat.1. Nach seiner Show am Donnerstagabend fällt es schwer, ihn sich zukünftig in einer Reihe mit Entertainern wie Oliver Pocher und Stefan Raab vorzustellen. Er zeigte anspruchsvolle Satire.

Harald Schmidt zieht um. Das Studio 449 in Köln wird nicht länger seine Heimat sein. Der bekannteste deutsche Schwarzhumorist kehrt der ARD den Rücken. Ab September 2011 steht der 53-Jährige wieder für seinen früheren Arbeitgeber Sat.1 vor der Kamera.

Der Spottvater der Nation war mit seiner „Harald Schmidt Show“ einst sehr erfolgreich beim Privatfernsehen. Nach seiner Sendung am Donnerstagabend in der ARD kann man sich eine Fortsetzung dieser Erfolgsgeschichte aber nur schwerlich vorstellen.

„Dirty Harry“ scheint sich in den sechs Jahren beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Hörner abgestoßen zu haben. Im dunkelblauen Anzug gab er den Zuschauern zunächst einen politischen Wochenrückblick. Von der Ankunft der Guantanamo-Häftlinge in Deutschland über Thilo Sarrazin bis hin zur Aussetzung der Wehrpflicht war alles dabei. Selbst die neue Shell-Jugendstudie und die umstrittene Rolle von Bundespräsident Christian Wulff beim Rücktritt von Sarrazin thematisierte Schmidt in seiner ersten Show nach der Sommerpause. Ein Video mit betrunkenen Soldaten und ein Bundespräsident, mit einer riesigen Tätowierung in Form eines brennenden Reichsadlers auf der Brust, waren die extremsten Ausschweifungen.

Provokateur aus vergangener Zeit

Ob der Entertainer mit solchen Themen demnächst beim Sat.1-Publikum punkten kann? Der politischen Bildung würde er damit auf jeden Fall einen Dienst erweisen, für die Einschaltquoten dürfte das nicht zutreffen. Im Lichte des Privatfernsehens, das mit Formaten wie „Frauentausch“ oder „Mitten im Leben“ inzwischen gar keine Grenzen des guten Geschmacks mehr zu kennen scheint, wirkt Schmidt wie ein Provokateur aus längst vergangener Zeit.

Seine Witze im Stil von: „Wenn wir nicht pro Woche 40 Millionen hochgebildete Einwanderer haben, müssen wir alle bis 62 arbeiten“ oder „Wer kann einen Integrierten von einem Nichtintegrierten unterscheiden“, wollen in die Welt der schlichten Unterhaltung einfach nicht hineinpassen. Auch seine Satire der Proteste gegen Stuttgart 21 setzt mit Sätzen wie „Völker der Welt, schaut auf diese Stadt“ aus der Rede von Ernst Reuter zur Berliner Luftbrücke 1948 ein gewisses Maß an Vorbildung voraus. Kann man sich sowas als Ergänzungsprodukt zu Stefan Raab mit seiner Late-Night-Show TV Total vorstellen?

„Der mit den Lausemädchen“

Kachelmann ist da schon ein passenderes Thema. Mit dem Zusatz „der mit den Lausemädchen“ kommt der Kabarettist aber lange nicht an den unverschämten Humor seines früheren Kollegen Oliver Pocher heran. Dieser tauchte vor dem Landgericht Mannheim als Jörg Kachelmann verkleidet auf und rief „Ich bin unschuldig“. Aber genau mit dieser Art von Spaß muss sich Schmidt zukünftig messen. Pocher hat schließlich schon jetzt seine eigene Show bei Sat.1.

Der Wechsel des Bildungsbürgers Schmidt zum Privatfernsehen dürfte in jedem Fall interessant sein. Entweder gibt es auf Sat.1 demnächst anspruchsvolle Satire und politisches Kabarett oder Schmidt gelingt die Assimilation und er reiht sich in die Gruppe der Raabs und Pochers dieser Welt ein.