Düsseldorf.

Die rot-grüne NRW-Landesregierung will vor dem Verfassungsgericht klagen, wenn der Atomkompromiss am Bundesrat vorbei beschlossen werden sollte.

Die nordrhein-westfälische Landesregierung will juristisch gegen die Pläne der Bundesregierung zur Verlängerung der Akw-Laufzeiten vorgehen, wenn diese nicht dem Bundesrat zur Entscheidung vorgelegt werden. „Nordrhein-Westfalen wird beim Bundesverfassungsgericht klagen, wenn die Bundesregierung mit ihren Atomplänen versucht, den Bundesrat zu umgehen“, kündigte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) am Montag an. Gingen die Vorschläge in den Bundesrat, werde die rot-grüne Landesregierung „dafür sorgen, dass es in der Länderkammer keine Mehrheit für den Atomwahn der Regierung Merkel gibt“. Kanzlerin Angela Merkel hatte zuvor in Berlin deutlich gemacht, sie gehe nicht davon aus, dass die Pläne für längere Laufzeiten der Atomkraftwerke dem Bundesrat vorgelegt werden müssten.

Kraft kritisierte die geplante Verlängerung der Laufzeiten scharf: „Die Bundesregierung stellt die Interessen der Atomwirtschaft über die Interessen Deutschlands.“ Verlierer seien die erneuerbaren Energien.

Auch die Grünen kündigen juristischen Widerstand an

Auch der Bundesvorstand der Grünen hat harten Widerstand gegen die von Schwarz-Gelb vereinbarte Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke angekündigt. „Wir werden auf allen Ebenen Widerstand leisten und die juristische Auseinandersetzung gegen eine solche Politik voranbringen“, sagte Grünen-Chefin Claudia Roth zum Auftakt der Herbst-Klausurtagung ihrer Partei am Montag in Düsseldorf. Denkbar sei eine Normenkontrollklage vor dem Bundesverfassungsgericht.

Die „lobbygeleitete Politik“ von CDU und FDP sei ein „Anschlag auf die Sicherheit der Menschen im Land“, sagte Roth. Zugleich bedeute die Laufzeitverlängerung einen „Abgrund“ für die erneuerbaren Energien. „Im Kanzleramt regiert die Vollzugsgehilfin der Atomkonzerne“, rügte Roth.

Brüderle bleibt dabei: Atomrecht ist allein Sache des Bundes

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hat den Atomkompromiss der schwarz-gelben Koalition als verfassungsgemäß verteidigt. „Das Atomrecht ist zweifelsfrei eine Bundeszuständigkeit“, sagte Brüderle am Montag im ZDF-“Morgenmagazin“. Von den Verfassungsressorts sei sehr sorgfältig geprüft worden, „dass man sich hier auf sicherem Terrain bewegt“ und eine Zustimmung des Bundesrats nicht nötig sei.

Brüderle lobte den Kompromiss als „gutes Ergebnis“, das ein „Umsteuern in der Energiepolitik“ einleite. „Wir wollen in das Zeitalter der regenerativen Energien hineingehen.“ Mit den zusätzlichen Mitteln werde Deutschland bei den alternativen Energien „noch mehr Spitze sein“ als ohnehin schon.

Den Vorwurf aus der Opposition, er sei in den Verhandlungen der Koalition als „Atomlobbyist“ aufgetreten, wies der FDP-Politiker als „absurd“ zurück. Auch die alternativen Energien profitierten „mit riesigen Beiträgen“. Der Ökostrom sei „in vielen Bereichen gar nicht tragfähig ohne Staatssubventionen“ und eine „massivste Umverteilung“, durch die Strom aus anderen Bereichen „kräftig belastet“ werde.

Der Kompromiss der Koalition sieht vor, dass die deutschen Atommeiler im Schnitt 12 Jahre länger am Stromnetz bleiben als vorgesehen. Ältere Meiler sollen 8 Jahre zusätzlich laufen, jüngere 14 Jahre. Im Gegenzug müssen die großen Energiekonzerne wie geplant ab 2011 eine Brennelementesteuer von 2,3 Milliarden Euro jährlich zahlen - befristet bis 2016. Zusätzlich wird ein neuer „Sonderbeitrag“ zur Förderung erneuerbarer Energien fällig. (ddp/afp)