Essen/Duisburg. .

Thilo Sarrazins Thesen zu Genen sind tumber Stuss. Doch sein Buch liefert auch sinnvolle Denkanstöße. Für eine Debatte über Integration, in Duisburg-Marxloh und anderswo.

Es ist schon atemberaubend, wie Sarrazins Buch die deutsche Integrationsdebatte verändert. Offenbar ist die Politik perplex über den Zuspruch, den Sarrazin in der Bevölkerung erfährt. Nach dem jahrelang vorherrschenden Multikulti-Gesummse in Sonntagsreden und Talkshows fühlt sich jetzt allerdings sogar die Kanzlerin befleißigt, vor rechtsfreien Räumen in Stadtteilen mit hohem Ausländeranteil zu warnen. Dort dürfe die Polizei nicht vor der Gewalt jugendlicher Banden zurückweichen. Und wieder einmal muss Duisburg-Marxloh als Vorzeige-Problemviertel herhalten.

In der Tat gibt es dort und in den muslimischen Ghettos andernorts häufiger Massenschlägereien oder Messerstechereien zwischen türkisch-, kurdisch- und libanesischstämmigen Jugendlichen, die die Polizei nicht unterbindet. Merkels Forderung, die höhere Gewaltbereitschaft vor allem bei strenggläubigen muslimischen Jugendlichen nicht mehr zu tabuisieren, ist längst überfällig.

Ideen abseits vom tumben Gen-Stuss

Lässt man den tumben Gen-Stuss in Sarrazins Buch mal weg, dann könnten dort erhobene Vorschläge auch für die Politik wegweisend sein. Sarrazin fordert eine klare „Erwartungskultur“ gegenüber den Migranten, die eine Bringschuld zur Integration haben. Recht hat er. Auch in Marxloh gibt es bereits seit den 70er Jahren an jeder Ecke interkulturelle Begegnungsstätten und Beratungsstellen.

Wohlfahrtsverbände stellten türkische Sozialarbeiter ein, die unter anderem auch Sprach- und Bildungskurse für türkischstämmige Männer, Frauen und sogar für Jugendliche im nahegelegenen Gefängnis angeboten haben. Und was ist passiert? Wir haben Parallelgesellschaften mitsamt islamistischer Indoktrination in dubiosen Hinterhofmoscheen und Jungeninternaten.

Parallelgesellschaften den Boden entziehen

Den rührigen Sozialarbeitern ist kein Vorwurf zu machen. Aber was nützen alle Angebote, wenn ein Großteil der muslimischen Adressaten davon nichts wissen will? Man kann Sarrazin nur zustimmen, wenn er eine Kindergartenpflicht ab dem dritten Lebensjahr und Ganztagsschulen fordert. Nach seiner Auffassung dürfte es keine Befreiung vom Sport-, Schwimm- und Sexualkundeunterricht aus religiösen Gründen geben. Wer sein Kind nicht zur Schule schicke, dem sei das Kindergeld zu streichen. Die sprachlichen Vorraussetzungen für den Erwerb der Staatsbürgerschaft müssten verschärft werden.

Eine energisch fordernde und fördernde Bildungsoffensive für muslimische und auch andere Kinder in den sozialen Brennpunkten ist die aussichtsreiche Möglichkeit, den Parallelgesellschaften quasi von unten den Boden zu entziehen. Und eine entschlossene und besser ausgestattete Polizei könnte in Marxloh, aber auch in Neukölln und all den anderen Migrantenghettos wieder die nötige staatliche Autorität sein.